“As you can see, life is a lot like a long and
challenging trail. Slowing down, enjoying the journey
being courageous and taking risks, as well as
overcoming the challenges with perseverance but
also a smile on your face, are things you will learn
while hiking"
- Rebecca Brown.
Also ab
nach Berchtesgaden. Schönau am Königssee. Berge.
19. Juni bis 30. Juni 2020
Wenn man, so wie ich, mit den Öffis im Süden unterwegs ist, merkt man schnell, dass das Fortbewegen von West nach Ost oder umgekehrt ziemlich schwierig ist. Ich brauchte also fast den ganzen Tag und musste sogar das Land verlassen (Salzburg – gut, dass die Grenzen seit 4 Tagen wieder uneingeschränkt offen waren), für eine Strecke, die mit dem Auto 3 Stunden gedauert hätte. Wenn man sich dann noch die Preise für Bahnfahrten in Deutschland anschaut, dann ist das eine Frechheit und tja, es überrascht wohl niemanden, dass so viele Menschen hier Auto fahren.
Aber gut, ich hatte es geschafft und kam nachmittags in Schönau am Königssee an. Berchtesgaden im hintersten Winkel von Deutschland. Weiter weg hätte ich mich nicht von Zuhause entfernen können ohne tatsächlich Deutschland zu verlassen. Ich war nicht einmal annähernd je in dieser Gegend gewesen, aber es gefiel mir sofort hier. Ich hatte mir eine winzige Ferienwohnung – eigentlich mehr ein Ferienzimmer – gemietet, direkt gegenüber der Jennerbahn. Perfekt gelegen und günstig, ein Kühlschrank und ein paar Utensilien zum Frühstücken und kleinere Mahlzeiten. Und einer tollen Aussicht auf die Berge!
Da ich aber heute etwas richtiges Essen wollte und natürlich auch nicht eingekauft hatte, ging ich zur nächsten Pizzeria und setzte mich dort trotz eher kalter Luft nach draußen. Irgendwie hatte sonst niemand diese Idee und so war ich schon kurze Zeit später alleine im Außenbereich. Na, wenn das mal nicht Corona-konform war, weiß ich auch nicht.^^ Leider machte ich mich heute mit einem Nachteil des Alleine Reisens vertraut: Langweilige Restaurantbesuche. Klar, es war nicht das erste Mal, dass ich alleine in einem Restaurant saß und das ist auch nicht weiter schlimm… (Auch wenn es Menschen geben soll, die damit gar nicht klar kommen und sich sehr unwohl fühlen.) Aber ich hatte es geschafft mit quasi leerem Handyakku dort anzukommen und so saß ich für die letzten 20 Minuten ohne Beschäftigung in der Gegend rum und trank mein Radler. Wunderbar, dass es nicht Alster heißt. :P Nicht so wunderbar, dass dort keine Menschen zum Beobachten langkamen. Immerhin bot mir der Kellner noch einen Schnaps an. Ich frage mich, wie verzweifelt oder gelangweilt ich zu dem Zeitpunkt aussah.. :D
Nächster Tag. Ich hatte gehofft, ich hatte die Daumen gedrückt und doch hatte es nichts genutzt. Das Wetter hatte sich gefühlt stündlich geändert in den letzten Tagen, aber an diesem Samstagvormittag war es einfach nicht gut genug gewesen. Es regnete. Die Wettersituation war schon seit Tagen kompliziert – drei Tiefdruckgebiete machten was sie wollten, nur kein gutes Wetter. Außerdem waren die Vorhersagen unglaublich ungenau, da es nur einen Bruchteil der sonst ankommenden Echtzeitdaten aus der Luft gab. Keine Passagierflugzeuge in der Luft - keine genauen Wetterdaten in der App. Hurra.
Ich sah also schon beim Aufwachen, dass es nichts werden würde mit der gebuchten Klettersteigtour. Der einzige geplante Teil der Reise fiel tatsächlich wegen schlechten Wetters.. ins Wasser. :( Ich hatte allerdings schon im Voraus gezahlt und so fragte mich Alex, mein ‚Bergführer‘, ob ich mit ihm in die Kletterhalle gehen wollte. Und weil ich das bisher nur einmal in Nepal gemacht hatte, sagte ich zu. Bei dem Wetter konnte ich eh keine Aktivität im Freien machen.
Und es wurde doch ein sehr spannender Tag, denn ich lernte das Klettern im Vorstieg (also das Klettern an der Wand ohne von oben gesichert zu werden), nachdem ich ein paar Routen im Toprope (von oben gesichert) geklettert war. Das war spannend! Besonders als ich dann das Fallen üben sollte. Absolut beängstigend und vollkommen gegen die Natur einfach loszulassen, obwohl deine Hände dich locker halten können. Besonders in dem Wissen, dass du jetzt mal entspannt ein bis zwei Meter fällst, bevor du abrupt gestoppt wirst und voll gegen die Wand knallst. Mein Gehirn davon zu überzeugen das gleich drei Mal zu machen und jedes Mal etwas tiefer und länger zu fallen, war definitiv Schwerstarbeit.
Es war ein bisschen schade, dass ich am Ende bei der schwersten Route im letzten Zug von der Wand fiel, aber es hatte trotzdem sehr viel Spaß gemacht!
Alex warf mich auf dem Rückweg bei einem Supermarkt raus und so konnte ich meine Einkäufe für die nächsten Tage erledigen. Das Gute hier: Man bekam eine Gästekarte, mit der man umsonst alle Busse benutzen konnte. Das nenne ich mal eine sinnvolle Investition meiner Kurtaxe oder wie auch immer man die Abgaben hier nannte. :)
Wir hatten
irgendwie gehofft, dass sich das Wetter für den Sonntag zumindest noch ändern
würde, aber auch diesmal hatten wir Pech. :( Kein Klettersteigwochenende für
mich. Schade! Alex fragte, ob ich noch einmal mit ihm in die Halle gehen
wollte, aber so nett es auch war, deswegen war ich eigentlich nicht hier und es
war etwas viel Geld nur für eine kleine Kletterstunde. Also fragte ich, ob er
mir nicht einfach die Ausrüstung zeigen könne und worauf ich achten muss, denn
ich hatte ein bisschen recherchiert und oben am Jenner sollte eine ganz
einfache Strecke für Anfänger sein. Die könnte ich bestimmt auch alleine machen
ohne Bergführer oder Guide. Und so trafen Alex und ich uns bei einem
Übungsfelsen, wo er mir alles erklärte, ein paar Tricks zeigte und sogar noch
eine kleine Strecke mit mir kletterte. Schwierigkeit B/C. (A ist der leichteste
und E der schwerste Grad.) Da ich es irgendwie schaffte den Teil bei Nässe und
vollkommen ungeübt mit dem Equipment zu gehen, meinte Alex, dass ich auf dem
Jenner keine Probleme haben würde. Er war so lieb und überließ mir die Ausrüstung für
die nächsten Tage, so dass ich mir den Kram nicht noch ausleihen musste! <3
Da wir somit schon mittags fertig waren, beschloss ich noch eine kleine Wanderung zu unternehmen, da zwar alles nass war, es aber aufgehört hatte zu regnen. Und so ging es nett durch den Wald auf perfekt ausgebauten Wegen (langweilige Wanderautobahnen, die man sogar mit Kinderwagen begehen konnte) durch den Wald stetig nach oben. An zwei Stellen öffneten sich die Bäume zu tollen, wolkenverhangenen Sichten auf den Königssee unter mir inmitten von grünen Bergflanken (Bild oben). Der eindrucksvolle Watzmann auf der anderen Seite versteckte seinen felsigen Gipfel leider die meiste Zeit. Dann eine lange Biegung des Weges und man landete in einem offenen Almgebiet mit sanft geschwungenen Hügeln, ein paar Häusern und Pfaden, die in alle Richtungen in die Berge verschwanden. Hier waren auch etwas mehr Menschen unterwegs. Ich nahm jedoch den Weg, der mich in einem Bogen zurück ins Dorf bringen würde, anstatt großartig in die Berge aufzubrechen heute.
Denn ich hatte einiges geplant für den nächsten Tag! Den Rucksack abends gepackt und morgens von der Sonne geweckt, konnte ich schnell in den Tag starten. Das Fenster am Bett ging direkt nach Osten und ich liebte es, morgens sanft vom Licht geweckt zu werden. Ich stand so entspannt und früh auf, wie sonst nie.
Ich hatte etwa 3 Stunden eingeplant für die Wanderung nach oben zu dem Start des Klettersteiges und schaute etwas demotiviert auf das Wanderschild am Anfang des Weges: 5 Stunden. Egal, nun war ich schon losgegangen und zurück zum Lift wollte ich nicht mehr gehen und so stiefelte ich los. Ich war auch einigermaßen flott unterwegs und so schaffte ich die etwas mehr als 1000 Höhenmeter in knapp 3 Stunden. Nimm das, Schild! Leider fing es plötzlich an zu nieseln und ich sah mein Kletterabenteuer schon wieder ins Wasser fallen… Aber erstmal wollte ich ein wenig abwarten und so setzte ich mich für ein frühes Mittagessen in die Jenneralm. Und ich hatte Glück! Es hörte wieder auf, die Wolken, die eben noch über den Bergkamm geschlichen waren, zogen sich in höhere Gefilde zurück und es sah stabil gut aus. Ich würde es versuchen! Umdrehen geht nämlich nicht mehr, wenn man erst einmal in der Strecke drin ist.
Schützensteig:
Schwierigkeitsgrad: A – B
Wandhöhe:
150 m
Klettersteiglänge: ca. 330 m
Exposition: West
Zeit für Durchstieg: 1 – 1,5 Stunden
Den Start der Strecke fand ich auch sofort und so legte ich mir das ganze Zeug an, das ich hier hoch geschleppt hatte: Klettergurt, Kletterhandschuhe, Helm, Sicherheitsschlinge mit Karabiner und das Klettersteigsicherungsset mit zwei Karabinern. So gerüstet folgte ich nun einem matschigen Pfad auf einer Felszunge zu der felsigen Steilwand, an der ich mich fast nur in der Traverse entlang bewegen würde. Unter mir so einige Meter luftiges Nichts und wenn ich mich umdrehte die tollste, spektakuläre Sicht ins Tal! Gut, dass sich die Wolken verzogen hatten, die Aussichten waren wunderschön!
Ich hatte eine sehr langsame Familie mit einem recht jungen Kind vor mir, so dass ich viel Zeit hatte mir die Aussichten anzuschauen. Außerdem gaben sie mir auch die Sicherheit nicht alleine hier zu sein, was mir etwas die Nerven nahm. Denn was ich hier machte, war schon anders als Klettern oder Bouldern und erst recht als Wandern. Da musste ich mich erst einmal dran gewöhnen! Auch wenn es ungewohnt war, machte es super viel Spaß! In diesem Klettersteig waren auch zwei ungewöhnliche Stellen eingebaut: einmal konnte man eine Seilbahn nutzen, um einen etwa 5m breiten Spalt im Felsen zu überfliegen (natürlich machte ich das mit!) und dann musste man eine Hängebrücke überqueren. Es waren also nicht nur Stahltritte in der Wand, die man entlang stapfte..
Kurz vor dem Ende der Strecke – die Familie hatte mich an einer geeigneten Stelle überholen lassen – ging es dann noch einmal hoch und man musste sich seine Griffe am Felsen suchen. Das machte sogar noch mehr Spaß als das Entlanghangeln am Stahlseil. Und so saß ich kurze Zeit später auf einem kleinen Gipfel und starrte minutenlang in das grüne Tal unter mir.
Was für ein toller Ausflug! Und es kam noch besser! Ich traf nämlich zufällig als ich mich wieder „auszog“ oben ein Mädel – Christina – das sich gerade fertig machte, um den Klettersteig zu gehen. Sie war auch alleine und wir kamen ins Gespräch. Da sie auch noch ein paar Tage bleiben wollte und nichts vorhatte, tauschten wir Nummern aus und verabredeten uns für den Abend.
Aus dieser Verabredung wurden ein paar lustige Tage zusammen und eine neue Freundschaft entwickelte sich!
Am nächsten Tag hatten wir uns vormittags für den Grünstein Klettersteig verabredet, der etwa eine kurze Stunde Fußmarsch vom Königssee entfernt begann.
Isidorsteig:
Schwierigkeit: B – C
Wandhöhe: 400 m
Klettersteiglänge: 670 m
Gesamtdauer: 4 - 5 Std.
Durchstieg: 2 - 3 Std.
Einstiegshöhe: 900 m
Ausstiegshöhe: 1.303 m
Exposition: Süd
Kurz nach dem Einstieg ging es schon heftig los, recht
steiler Fels und keine zusätzlichen Tritte in der Wand. Einzige Möglichkeit
sich festzuhalten waren die Spalten im Fels und das Stahlband, das sich fast
senkrecht hochwand. Es war schattig und teilweise waren die Felsen noch nass,
die Sonne hatte noch keine Möglichkeit gehabt die Steine zu trocknen. Rutschig.
Eine Herausforderung, die nach den ersten paar harten Minuten unglaublich Spaß machte. Der Rest der Strecke war abwechselnd einigermaßen leicht und dann wieder schwer. Steilere Abschnitte mit senkrechten Aufstiegen und einigen Passagen im Überhang wechselten sich mit Laufabschnitten in der Traverse ab. Wir kamen flott voran ohne uns großartig zu beeilen, denn es wurde auch ziemlich warm. Die Sonne knallte auf die Südwand und wir kletterten ohne Schatten und Wind mehrere Stunden bergauf.
Es gab eine unglaublich coole Fotostelle, in der man mit
einem großen Schritt über das luftige Nichts eine Spalte überquerte und in
diese Spalte konnte man für das Foto gesichert hineinklettern, so dass ich das
natürlich machte. Leider habe ich kein Foto von mir, aber ich sah bestimmt noch
cooler aus. ;) Badass. Mindestens.
Die letzte Stunde stieg man eigentlich nur noch auf fast durchgängig ungesicherten Pfaden hinauf zum eigentlichen Gipfel. Wandern, nicht Klettern. Es war körperlich tatsächlich der anstrengendste Teil. :D
Kurze Pause am Gipfelkreuz, das gut besucht war, denn ein normaler Wanderweg führte von der anderen Seite gefahrlos auf den Grünstein. Diesen nahmen wir dann auch hinunter und machten erst einmal eine kleine Radler und Kaiserschmarrn Pause in der nächsten Hütte.
Da wir auf dem Rückweg ins Dorf irgendwie falsch abbogen und dadurch einen großen Umweg gehen mussten, kamen wir allerdings zufällig an dem Haus von Alex vorbei, so dass ich meine geliehene Ausrüstung bei ihm abgeben konnte. Es gab zwar noch einen Klettersteig hier in der Gegend, aber Christina war heute ohne Handschuhe geklettert und hatte sich an den Stahlseilen mehr als 10 Blasen an den Händen geholt. Noch einmal klettern zu gehen war für sie keine Option. Gut, dass ich mir im Voraus die Handschuhe besorgt hatte – sie würden sich in den nächsten Wochen noch einige Male als äußerst nützlich erweisen. :)
Canyoning in der Almbachklamm:
Ich war am nächsten Tag aber nicht mehr traurig, dass es nicht zum Klettern ging, denn wir hatten es spontan geschafft eine Canyoningtour zu buchen!
Mittags in der warmen Sonne – die letzte Regenwoche war komplett vergessen – lernten wir unsere Gruppe kennen und bekamen unsere Ausrüstung: extra dicke Neoprenanzüge, Neoprensocken, Schuhe, Klettergurte mit Matte unterm Hintern (damit der Neoprenanzug auf den Felsen nicht so schnell verschleißt) und ein Helm. Ich schwitzte schon etwa drei Sekunden nachdem ich in die Klamotten geschlüpft war in der Sommerhitze.
Bis gestern hatte ich noch nie von diesem verrückten Sport gehört.. also für alle, die genauso ahnungslos sind wie ich: Canyoning (oder Schluchtenwandern - am besten finde ich jedoch das Wort „Schluchteln“ – danke Österreich, falls ihr das erfunden haben solltet^^) bezeichnet das Durchqueren eines Canyons auf vielfältige Art und Weise. Abseilen, Springen, Schwimmen, Klettern, Rutschen, etc. Alles, was einen irgendwie von oben nach unten bringt. Klingt doch nach Spaß!
Da es wohl in Deutschland keine geeigneten Schluchten gab, fuhren wir rüber nach Österreich in die Almbachklamm. Hinter einer Staumauer ging es los und wir watschelten sehr elegant in unseren Raumanzügen über die Felsen zum ersten Absprungpunkt. 3m ins eiskalte Wasser. Noch kurz die Sprungtechnik erklärt und dann hüpften schon die ersten los. Ich bin ja echt kein Fan von Sprüngen ins Wasser und hätte mich lieber die ganze Zeit irgendwo abgeseilt, aber es ging nicht ganz nach meinen Wünschen. Also kurze Überwindung und rein ins Wasser. Eisiger Schock, eben noch geschwitzt, plötzlich zog sich alles zusammen. Kurze Schnappatmung und dann war es wieder okay. Erfrischend.
Die nächsten Stunden schwammen wir durch das kalte Wasser, sprangen von Felsen und rutschten in klare Becken. Ich traute mich nicht mehr als etwa 4,5m zu springen, andere hüpften noch bei 7m ins Wasser. Das gute an dem Neoprenanzug war, dass er wie eine Schwimmweste funktionierte und man wie eine Boje wieder aus dem Wasser ploppte. Das machte das Schwimmen allerdings etwas schwierig, denn irgendwie lag man eher auf dem Wasser als in ihm.
Es machte Spaß! Das Licht fiel wunderschön in goldenen Strahlen in die Schlucht und beleuchtete die Felsen. Wir waren alleine in der Natur und sahen mit jeder kleinen Biegung einen neuen Teil der Klamm. Als dann jedoch die Sonne hinter den hohen Seitenwänden verschwand, wurde es schnell kalt. Das Wasser kühlte den Körper aus und jedes Mal, wenn wieder ein Schwall eiskalten Wassers in den Rückenbereich des Anzugs lief, bekam ich Gänsehaut. In den letzten 20 Minuten zitterte ich vor Kälte, aber es war noch auszuhalten und unser Guide meinte scherzhaft: „Frauen mögen diese Touren immer besonders gerne, da man nicht viel tut und wegen der Kälte trotzdem viele Kalorien verbrennt!“ Na supi, immerhin. :P
Ich blieb dann noch einmal in einem Baumstamm stecken und dann waren wir auch schon wieder draußen. Kalt, aber glücklich. Es war eine lustige Gruppe gewesen! Trotz warmer, trockener Klamotten wurde mir jedoch den ganzen Abend nicht mehr wirklich warm, mein Körper war komplett heruntergekühlt.
Wanderung zum Hohen Göll:
Gesamtdauer: 10 Std.
Höhe Start: 1200 m [1300 Höhenmeter hoch]
Gipfelhöhe: etwa 2500 m
Höhe Ende: 650 m [1850 Höhenmeter runter]
Über Nacht hatte sich das Wetter mal wieder schlagartig geändert. Es regnete und die Luft war direkt 10°C kühler. Als ich am Morgen aufwachte, waren die Berge wieder wolkenverhangen..
Christina würde heute wieder nach Hause aufbrechen und so entschied ich mich dafür erst einmal einkaufen zu gehen in der Stadt. Plötzlich war die Sonne jedoch wieder da und ich beschloss doch noch wandern zu gehen. Um mir die langweiligen ersten 500 Höhenmeter zu sparen, fuhr ich mit der Jennerbahn zur Mittelstation und ging dann rüber zum Parkplatz, von dem der Weg losgehen sollte. Zunächst durch den Wald, dann landete man in einer Schneise umgeben von hohen, steilen Felswänden. Leider war dieser Teil ein einziges Geröllfeld, auf dem ich große Probleme hatte den Weg überhaupt zu finden. Oft folgte ich Spuren und merkte dann, dass das falsch sein musste. Ich sah keine roten Punkte mehr auf den Felsen, die den Pfad markieren sollten. Mit jedem zweiten Schritt rutschte ich einen Schritt wieder zurück. Es war super ätzend.
Als ich endlich aus dieser Steinlawine herauskam, fing es an zu regnen. Ich beschloss jedoch weiter zu gehen und spannte meinen Schirm auf. Es ging nun über grasbewachsene Stellen zwischen größeren Felsblöcken weiter hoch, ein paar Büsche wuchsen hier und manchmal wurde es einigermaßen steil. Meistens reichte es, dass ich mich mit einer Hand festhielt und hoch zog, doch an zwei oder drei Stellen musste ich den Schirm vorwerfen, um hinterher klettern zu können.
Es war wild und einsam hier oben. Rau. Mir begegneten in den fast 10 Stunden, die ich heute unterwegs war, exakt fünf andere Menschen und zwar alle schon recht früh.
Es wurde noch ungemütlicher als noch kalter Wind dazu kam und die Wolken sich einfach nicht verziehen wollten. Immer noch ging ich hoch. Ich kam an ersten kleinen Schneehaufen vorbei, die sich in tiefen Gruben über den Sommer gerettet hatten, dann kam ein letztes kleines Plateau mit tollen Ausblicken auf das Tal in den Wolken und dann war da plötzlich eine weiße Schneefläche. Der Weg führte mitten durch. Huch. Damit hatte ich nicht gerechnet, aber da der Schnee zwischen den Bergen in einer großen Kuhle lag, sah es auch nicht allzu gefährlich aus. Ich sagte vorsichtshalber noch ein paar Leuten bei WhatsApp wo ich mich befand – man kann ja nie wissen.
Es war auch gar nicht so einfach dem Weg hier zu folgen, denn manche der Wegweiser waren einfach irgendwo unter dem Schnee versteckt. Aber ich fand den Weg und konnte schon einige Zeit später den letzten Anstieg in Angriff nehmen. Etwas mehr als eine halbe Stunde zum ersten Gipfel mit Gipfelkreuz, knapp 2500m hoch. Die letzten zwei Stunden hatte sich die Sonne immer wieder blicken lassen, den Schnee glitzern lassen und meinen Körper warm angestrahlt. Wundervoll nach dem Regen und der kalten Luft zuvor. Dadurch, dass sich auch viele der Wolken verzogen hatten, konnte ich oben eine tolle Aussicht genießen, denn der Hohe Göll ist hier einer der höchsten Berge.
Eigentlich wollte ich noch zum richtige Gipfel weiter laufen, aber dazu ging es über einen Bergkamm, auf dem ein schräges Schneebrett lag und als vollkommen unerfahrenes Flachlandkind, konnte ich nicht einschätzen wie sicher das war. Also drehte ich um.
Und damit begann die eigentliche Tortur. Ich zog noch meine Kletterhandschuhe über, um schneller an den scharfkantigen Felsen hinab klettern zu können und dann ging es runter. Der Kletterteil hier oben war noch nett und machte Spaß, aber je weiter ich runter kam, desto müder wurde ich. Das Geröllfeld – auch wenn ich diesmal den richtigen Pfad fand, da die Wegweiserpunkte von oben besser zu erkennen waren – wurde eine kleine Schlitterpartie. Runter ist das immer sehr viel unlustiger als hoch. Und dann war es natürlich schon so spät, dass der letzte Lift ins Tal schon vor Stunden abgefahren war. Ich musste also die zusätzlichen 500 Höhenmeter auch noch zu Fuß machen. Ich starb. Mein Kopf redete im Takt meiner Schritte mit mir „Ich kann nicht mehr. Ich kann nicht mehr.“ Motivationscoach werde ich in diesem Leben wohl nicht mehr. Ich war kurz davor mich einfach auf die Straße zu setzen. Aber irgendwie schaffte ich es doch zurück, saß minutenlang auf dem Bett, bevor ich überhaupt meine Schuhe auszog und der Rest des Abends ist irgendwie verwaschen in meiner Erinnerung. Ich glaube ich ging früh schlafen. :D
Am nächsten Tag verließ ich einfach das Zimmer nicht und pflegte den Muskelkater meines Lebens. :)
Natürlich taten meine Beine am Tag darauf immer noch weh, aber ich beschloss das zu ignorieren und eine andere kleine Wanderung zu machen.
Wanderung zum Hohen Brett:
Gesamtdauer: 3 Std.
Höhe Start / Ende: 1780 m [640 Höhenmeter hoch u. wieder runter]
Gipfelhöhe: etwa 2340 m
Ich war faul, gönnte mir die Gondel bis ganz nach oben und musste somit nicht einmal 700 Höhenmeter hinauf und wieder runter stiefeln. Die Wege waren auch deutlich benutzter und besser besucht. Es war tolles Wetter und mir kam es vor wie auf einer Autobahn. Wo kamen die ganzen Menschen her? Kann man die irgendwie weg machen?
Der Gipfel war erstaunlich langweilig, man musste keinen Schnee überqueren und das Klettern würde ich nicht Klettern nennen wollen. Vielleicht Kraxeln, welches übrigens eins meiner Lieblingswörter ist. :)
Oben konnte man super entspannen, die Aussicht genießen und den Dohlen bei ihren Flugkunststücken zusehen. Ich blieb eine Zeit lang dort oben ein paar Meter neben dem Gipfelkreuz, da ich eh nichts anderes mehr vorhatte und belauschte andere Wanderer.
Ich hatte meinen Aufenthalt am Königssee noch einmal verlängert, weil es mir einfach so gut hier gefiel, das Zimmer so süß war und ich echt super schlief und weil Taddy, die ich noch besuchen wollte, erst in ein paar Tagen wieder da wäre. So passte es perfekt.
Ich musste mir also noch ein paar Aktivitäten für die nächsten Tage überlegen und so ging ich erst einmal Souvenirs und ein paar Postkarten shoppen. Irgendwie war mir das allerdings noch nicht genug Bewegung und so schlenderte ich bei herrlichstem Sommerwetter durch das Dorf, holte mir ein Eis, ging am Königssee vorbei und einen kleinen Wanderweg zu einem Aussichtspunkt, der sich „Malerwinkel“ nannte. Hier hatte man eine so schöne Aussicht auf den See und die Alpen, die sich dahinter auftürmten, dass viele Maler diesen Winkel gemalt hatten. ;) Es war so warm, dass ich runter zum Ufer stieg und in einer kleinen Bucht in meiner Unterwäsche baden ging. Ich quatschte mit zwei Mädels aus Hamburg, die hier ihre Mittagspause auf dem Weg runter nach Slowenien machten.
Der 5km Rundweg über den Malerwinkel schien sich irgendwie super als Joggingstrecke anzubieten und so rannte ich abends den Teil noch einmal und hielt auch nicht für den tollen Sonnenuntergang über dem Grünstein an. Hach, es war so wunderschön hier! :) Und falls sich irgendjemand von euch Flachlandpfeifen fragt, ob Joggen in den Bergen anstrengender ist: Ja.
Ich fuhr an meinem letzten Tag tatsächlich mal nach Berchtesgaden rein und schaute mir die Innenstadt mit ein paar hübschen Kirchen und generell sehr netten Straßen an. Im Hintergrund erhob sich der Watzmann, den ich gerne irgendwann einmal besteigen würde!
Weil dieser kleine Spaziergang mich natürlich nicht ausgepowert hatte, lief ich noch einmal in Richtung Malerwinkel los, bog aber irgendwann zu einem anderen Aussichtspunkt ab, der Rabenwand. Danach wanderte ich noch einmal zum Ufer des Königssees und schaute mir die wundervolle Kulisse an. Ich war mir nicht sicher ob ich den funkelnden Sonnenschein oder die mystischen Wolkenschleier besser fand. Wundervoller See!
Und dann musste wieder gepackt werden. Irgendwie hatte sich dieses Zimmer fast wie ein Zuhause angefühlt. :) Danke, Gästehaus Weinrebe <3