Donnerstag, 18. November 2021

Urlaubsgrüße aus dem Corona-Sommer 2021 - Teil 2

Licht und Schatten muss es geben,
soll das Bild vollendet sein,
wechseln müssen drum im Leben
finst're Nacht und Sonnenschein.

Die Rückreise von London nach Deutschland war relativ entspannt, wenn man davon absieht, dass der Flug verspätet losflog und ich in der Warteschlange vor einem SEHR WICHTIGEN und leider auch relativ lauten Geschäftsmann stand, der gerade die Welt rettete. Mindestens. Auf jeden Fall war er alle paar Minuten in einem neuen hochwichtigen Telefonat, mal auf Deutsch, mal in wundervollem akzentbeladenem Englisch. Die Iraner wollten dies, aber die Finnen das und deswegen muss der Typ in der Türkei das machen..? Naja, ich war auf jeden Fall nicht wirklich gut gelaunt als ich endlich in Hamburg landete und mich auf den Weg nach Bremen machte. Willkommen zurück.

Dafür war das Wetter ganz gut und am nächsten Wochenende stand schon die nächste kleine Reise an. Mal wieder nach Hamburg. Bis dahin nahm ich noch an der ersten selbstorganisierten Volksabstimmung (zur Bundestagswahl 2021) teil und setzte meine Kreuzchen bei den 4 Diskussionspunkten:

  1. Widerspruchsregelung bei der Organspende
  2. Keine Profite mit Krankenhäusern
  3. Volksabstimmung auf Bundesebene
  4. Klimawende 1,5 Grad

Vermutlich haben deutschlandweit zu wenig Menschen teilgenommen, dass diese Wahl eine große Auswirkung hat, aber vielleicht denke ich auch zu pessimistisch. Wir werden sehen. Anscheinend wird für 2022 wieder eine Abstimmung organisiert, also falls jemand Interesse hat einfach auf den Link klicken.

Carmen und ich fuhren dann am Freitag von Bremen aus zusammen los, trafen am Hauptbahnhof in Hamburg Mustafa und fuhren mit ihm gemeinsam zu einem langen Wochenendbesuch bei Britta! :) So ewig nicht gesehen und schon gar nicht zu viert – es war einfach toll so entspannt wieder Zeit zusammen zu verbringen. Wir gingen abends lecker essen und gönnten uns zum Nachtisch vor dem Spaziergang an der Alster ein Eis. Das coole an dieser Eisdiele: Man bestellte sich seine normale Auswahl an Sorten, aber dann bekam man obendrauf noch eine Mini-Probierkugel. Was für ein geniales System! Natürlich suchte ich mir eine etwas merkwürdigere Sorte aus, die ich im Normalfall nie bestellen würde aus Angst, dass sie nicht schmeckt. Ich wurde positiv überrascht und sollte ich jemals eine Eisdiele eröffnen (wenig wahrscheinlich), dann wird das System auf jeden Fall auch eingeführt.

 


Am nächsten Tag nutzten wir den warmen Sonnenschein, um uns Kanus auszuleihen und damit durch die Kanäle zu paddeln: etwa 8km durch Osterbekkanal, die Außenalster und dann zurück durch den Goldbekkanal und Barmbeker Stichkanal. Carmen und ich teilten uns ein Kanu und mussten direkt den anderen beiden hinterherschauen, wie sie wettkampfmäßig davonrasten. Wir landeten nämlich erstmal in irgendwelchen überhängenden Ästen und hielten dann an einem fast ins Wasser hängenden Brombeerstrauch an, von dem wir die Beeren naschten. Ha! Gleichmäßig langsam paddelten wir entspannt hinterher und genossen es auf dem Wasser unterwegs zu sein. Oft fuhren durch den Schatten, so dass es nicht allzu heiß wurde. An der Außenalster öffnete sich der Kanal dann und man konnte noch viel mehr Kanus und andere Wasserfahrzeuge dabei sehen, wie sie auf dem See hin und her fuhren. Wir hatten beschlossen den längeren Weg wieder zurückzunehmen, auch wenn es langsam anstrengend wurde, und so banden wir unsere Kanus vorne zusammen und paddelten zu 4. dem Ziel entgegen. War vermutlich nicht die kraftsparendste Art sich fortzubewegen und schnell manövrieren konnten wir auch nicht mehr, aber so hatten wir zumindest mal Zeit alle zusammen zu hocken und zu reden.

Den Wein abends hatten wir uns auf jeden Fall verdient und das einzig negative Erlebnis dieses Besuchs war der Verlust eines Teils meines Backenzahns, der heldenhaft versucht hatte gegen einen Splitter eines Olivenkerns zu gewinnen. RIP.

Natürlich darf ich auch nicht vergessen den Poetry Slam Wettbewerb zu erwähnen, den wir noch besucht hatten. Er war Teil des Hammer Stadtfestes und bei einem Stadtteil mit dem Namen „Hamm“ bieten sich natürlich so einige tolle Wortspielmöglichkeiten: von Hammer Pizza bis zur Hammer Kirche war alles dabei. Der Poetry Slam war natürlich hammer, was sonst, auch wenn ich zugeben muss, dass ich den Moderator / Einheizer grässlich fand. Wer nur Witze machen kann, indem er andere Leute oder Sachen schlecht macht, sollte es vielleicht lassen. Am Ende seines Gelabers lachte kaum noch jemand und das Klatschen kam verhalten… Gut, dass die anderen Teilnehmer dagegen wirklich unterhaltsam waren!

Mustafa und ich fuhren am Sonntag dann schon etwas früher in Richtung Heimat, wobei das bei ihm Ausnahmsweise mal Bremen war - wodurch wir zusammen fahren konnten. Denn ich wollte noch hoch nach Bremerhaven, da Insa dort ihren Marathon lief. Leider hatte ich das Pech den Zug nach Bremerhaven gerade verpasst zu haben, aber immerhin kam ich bei Regen noch vor Insas Zieleinlauf dort an und gesellte mich zu ihren Eltern und Alexander. Vermutlich besser als 30° und schwüle Hitze, war der Dauerregen doch auch etwas nervig für uns arme Zuschauer. :D Insa lief sogar schneller als die Zeit, die sie sich als Ziel gesetzt hatte und war zwar fertig, aber auch ziemlich glücklich darüber diese Leistung hinter sich gebracht zu haben. Respekt! Ich wäre schon für das monatelange Training zu faul gewesen.

Da Mama und Papa im Urlaub in Dänemark waren, hatte ich das Haus für mich, musste allerdings auch kochen. Mist. Erwachsen sein ist hart. Zumindest hatte ich genug Ruhe meine Kurse und Lernsachen voranzutreiben und war ziemlich glücklich. Die Woche ging schnell vorüber.

Am nächsten Wochenende fuhr ich nämlich schon wieder nach Hamburg. Diesmal mit Miri und unseren Rädern, denn Dani kam aus Celle und zu dritt wollten wir das Wochenende bei Mena verbringen. Der Metronom zwischen Bremen und Hamburg ist mittlerweile zu einem wirklichen Ärgernis geworden – von den 4 Fahrten in den letzten Wochen, waren zweimal meine Züge ersatzlos gestrichen worden, so dass ich entweder eine Stunde hätte warten müssen oder halt den Bummelzug nehmen durfte, was ja auch quasi 45 Minuten Warten gleichkam. Miri und ich hatten also ziemlich Spaß den nächsten fahrbereiten Zug nach Hamburg zu finden, denn die Anzeigen wurden 10-mal geändert, mindestens 2 Züge fielen aus und einer kam planmäßig eine Stunde zu spät. Naja, wir nahmen dann den superlangsamen Metronom, standen schon 15 Minuten zwischen dem Hauptbahnhof und der nächsten Haltestelle, die ja noch in Bremen liegt und waren etwas knartschig. Als uns dann irgendwo kurz vor Buchholz der Metronom, der eine Stunde nach unserem ausgefallenen Zug in Bremen losgefahren war, überholte, konnten wir nur noch mit dem Kopf schütteln. Und da wundert man sich, dass in Deutschland so viele Leute mit dem Auto fahren…

In Harburg stiegen wir dann aus und hatten einen kleinen Kampf mit den etwas zu kleinen Aufzügen. Wer baut denn bitte Aufzüge in Bahnhöfe, in die Fahrräder nicht reinpassen?! Mit einem Trick, bei dem man das Rad schräg reinschiebt, aber das Vorderrad in die andere Richtung abknickt, konnte man sich gerade so hineinquetschen. Ich hatte schon aufgeben wollen, aber Miri schaffte es irgendwie, also musste es bei mir ja auch gehen. Dani erzählte uns später, dass sie es nicht geschafft hatte und ihr Rad die Treppe hinaufgetragen hatte.

Miri und ich fuhren also endlich rein in die frische Abendluft – über ein paar Brücken über die Süderelbe und erstaunlich schöne grüne Parks nach Wilhelmsburg.

 

Süderelbe bei Sonnenuntergang - Stadtfest in Veddel

Die nächsten beiden Tage verbrachten wir mit zu viel Kräutertee (ich schwöre der hat merkwürdige Nebenwirkungen), zu wenig Schlaf und langen Gesprächen hauptsächlich in der WG-Küche. Am Samstag war ein Stadtfest in Veddel, zu dem wir mit den Rädern fuhren, auch wenn das Wetter nicht so schön war. Es regnete ein wenig und es war echt kalt für August, so dass das stundenlange Stehen und Sitzen ohne viel Bewegung irgendwann unangenehm wurde. Nach einer spannenden Podiumsdiskussion über Waffentransporte aus dem Hamburger Hafen und die Rüstungsindustrie in Deutschland – wir hatten weiße Tauben an unseren Jacken befestigt, falls jemand raten möchte wie meine Meinung dazu aussieht – holten wir uns also schnell jeder eine heiße Schoki aus einem kleinen türkischen Café um die Ecke. Dann kam Livemusik, die durch harten Techno eingeleitet wurde, was irgendwie niemanden wirklich zum Tanzen ermutigte. Der Rap- und Hip-Hop-Gesang kurz darauf war schon eher geeignet.

Wir machten uns aber irgendwann recht ausgekühlt wieder auf den Rückweg zurück zu unserem Tee. :D

Nach einem entspannten, späten Frühstück fuhren Miri und ich wieder zurück und weil wir dieses Mal Spiele spielten im Zug, wurden wir sogar von der plötzlichen Ansage überrascht, dass der nächste Halt schon Bremen wäre. Hilft aber auch, wenn der Zug nicht mehr als eine Stunde Verspätung hat.

Und weiter im Leben. :) Ich ging montags zum Korbballtraining, an anderen Tagen vormittags, wenn alles ruhig war, zum Bouldern und irgendwann schloss ich auch endlich den Programmierkurs ab. Beziehungsweise den zweiten, denn weil es so viel Spaß gemacht hatte, hatte ich mir noch einen weiteren Kurs bezahlen lassen von der Transfergesellschaft. Hihi. Super Konzept sich bezahlen zu lassen, während man studiert und andere interessante Sachen lernt.

 

Buchlesung im Café Concordia
 

Der nächste Freitag kam schnell und diesmal kam Britta nach Bremen, denn in Carmens Café fand eine Buchlesung statt. Irgendwie war die PR für die diesjährige „Bremen liest – Die lange Nacht der Bremer Buchhandlungen“ ziemlich mies, denn ich hatte absolut gar nichts davon mitbekommen. Neben Carmens Café ist eine kleine Buchhandlung, die aber durch die Corona-Auflagen nur 3 Leute hätte reinlassen dürfen und so fand die Lesung im größeren Café statt. Britta, Anika und ich schnappten uns ein Sofa, das auch noch ziemlich nah an dem Rednerpult stand, und machten es uns gemütlich. Erstmal `nen Smoothie und dann ein wenig Wein. Sehr zivilisiert. Bis nach der Lesung, denn wir blieben noch während das Café geschlossen wurde und tranken die Reste der offenen Weinflaschen aus. Ein Dienst an der Allgemeinheit und gegen Lebensmittelverschwendung. Meine Leber sagt bitteschön.

Die Lesung war ziemlich cool, denn das Buch war von einem Slam-Poeten / Komiker geschrieben worden und dementsprechend waren die Geschichten kurzweilig und er konnte sie auch gut vortragen. Interessant war es auch die älteren Stammkunden des Buchladens zu beobachten, da die Themen doch eher - sagen wir - modern waren. Ein paar lachten sich schlapp, ein älterer Herr war nicht so amused. Wir quatschten nach der Lesung noch kurz mit dem Autor (Kolja Fach, falls es jemanden interessiert), der ziemlich nett war und kauften alle sein Buch, denn man kann nie früh genug Weihnachtsgeschenke shoppen gehen. :P

Am nächsten Tag trafen wir uns mit der Spielegruppe bei Amelie, wo es Flammkuchen, Federweißen und tolle Gespräche, aber keine Spiele gab. :D Und am Tag darauf ging ich mit Insa Indisch essen. Wenn ich nicht am Montag immerhin wieder Training gehabt hätte, wäre ich wahrscheinlich einfach 5kg schwerer geworden.

Creepy nach-dem-Duschen-Selfie

Denn am Dienstag startete schon mein nächster Kurztrip. Saskia hatte mich überredet mit ihr Urlaub zu machen (das war nicht schwer gewesen) und anstatt irgendwo in der Nähe zu landen, weil wir nur wenige Tage Zeit hatten (ich musste am Samstag wieder da sein, weil meine Eltern ihre Geburtstage feiern wollten), flogen wir nach Paris. Oje, mein armer CO2-Fußabdruck. :/ 

Wir hatten ein Hotelzimmer in der Nähe des Gare du Nord, was uns die Anreise erleichterte, da wir einfach nur mit dem Zug reinfahren mussten und eh nur mit Rucksäcken als Handgepäck geflogen waren. Wir wurden aus irgendeinem Grund auf ein größeres Dreierzimmer geupgraded, wozu wir nicht nein sagten, und richteten uns entspannt ein. Die Leute waren super lieb und Saskia hatte im Flugzeug noch versucht mir 5 Wörter Französisch beizubringen, wobei das eher eine Auffrischung an ihren Französisch Leistungskurs war.

erster Abend - Mission "Essen finden"

Das Wetter sollte sonnig und warm sein die nächsten Tage, so dass wir uns ein paar hübsche Sommerkleider eingepackt hatten. Damit sahen wir scheinbar nicht wie Touristen aus und wurden immer wieder auf schnellem Französisch angesprochen. Die Leute reagierten dann jedes Mal ein wenig überrascht - aber wirklich lieb - wenn sie merkten, dass unser Französisch nicht ganz so gut und in meinem Fall nicht vorhanden war.

Wir hatten uns für den nächsten Tag Tickets für das Louvre gekauft, da wir beide noch nie dort gewesen sind. Laut GoogleMaps sollte ein Spaziergang von unserem Hotel bis zum Louvre etwa eine halbe Stunde dauern, weswegen wir morgens entspannt unsere Sachen packten und uns auf den Weg machten. Es war schon jetzt warm und so suchten wir uns ein schattiges Plätzchen in einem Café, um zu frühstücken. 

 


Obwohl wir uns Zeit ließen, waren wir zu früh am Louvre, so dass wir noch durch die Gärten spazierten und das Wetter genossen. Schlauerweise war unser gebuchter Timeslot in der schlimmsten Mittagshitze – wir sind so klug. :D Es war kühl im unterirdischen Eingang des Museums und bevor wir losliefen, versuchten wir mit der Karte erstmal einen groben Schlachtplan auszuarbeiten. Das Louvre ist viel zu groß, um alles an einem Tag sehen zu können. Also mussten wir Prioritäten setzen. Immerhin war unser Geschmack ziemlich ähnlich, so dass wir uns schnell einigen konnten. Natürlich wollten wir die Mona Lisa sehen, wenn wir schon mal hier sind, und Napoleons kompletten Hausstand... aber auch die Statuen hatten es uns angetan. 

 

Also erstmal hinauf in den Wohnflügel Napoleons.

Die Pracht und Größe der Zimmer waren einfach unvorstellbar. Dies war kein mittelalterliches Schloss, das als Burg zur Verteidigung diente, dies war absolut größenwahnsinnige Verschwendung. Ich muss dringend im Lotto gewinnen, aus mir spricht der Neid. :D Hinter jedem Raum wartete ein neuer Prunkraum, die alle von unterschiedlichen Künstlern entworfen worden waren. Manche Räume waren in klassischen rot-gold Tönen dekoriert, andere hatten grün-schwarze oder vollkommen andere Farbkonzepte. Und natürlich möglichst viel Gold und Kronleuchter überall.

 

Schon allein dieser Bereich war sehr umfangreich und es war schwer herauszufinden, wo auf der Karte man sich gerade befand. Die Dimensionen waren deutlich größer als gedacht. Im gleichen Stock befanden sich dann noch ein paar berühmte Gemälde, die wir uns anschauten wollten. Natürlich war die Mona Lisa auch dabei. Eigentlich war das ganze Museum relativ leer gewesen, aber der Raum vor der Mona Lisa war voll. Man hatte einen Warteschlangenbereich eingerichtet, wo man sich für seinen ganz persönlichen Fotomoment mit der Mona anstellen konnte. Wir verzichteten. Das war irgendwie mehr zum Angeben und nicht, weil dieses Bild tatsächlich so unglaublich ansprechend ist. Ich finde es tatsächlich einigermaßen langweilig und klein. Aber gut, über Geschmack kann man ja immer streiten. :D

Wir schauten uns dann die römischen und griechischen Stauen an, wobei wir sogar die Venus für uns hatten. Überfüllt war das Louvre wirklich nicht.

But first let me take a selfie!

Wir haben die Körper griechischer Statuen!
 

Mittlerweile taten uns unsere Füße auch schon ganz gut weh, so dass wir beschlossen den Sonnenschein wieder aufzusuchen und eine Pause mit ein paar Snacks zu machen. War eine gute Idee, denn wir hatten uns überlegt nun an der Seine entlang Richtung Notre Dame zu spazieren. Die arme Kirche war von Bauzäunen umgeben, auf denen Informationstexte und Bilder über den Brand und die Restaurationsarbeiten aufklärten. Ah, ich kann schon verstehen, dass das die Franzosen hart getroffen hat. Muss schlimm ausgesehen haben. Wir spazierten dann noch rüber auf die andere Seite am Pantheon vorbei, aber wenn man nicht rein geht, kann man sich den Weg vermutlich auch sparen. Am nächsten Park von dort war eine Metrostation, in die wir einstiegen, um uns den langen Weg zurück zu sparen. 

Abends gingen wir dann in Richtung Montmartre, wo wir in einem kleinen Restaurant sehr französisch aßen (keine Schnecken, aber viel Käse) und danach noch zur Sacré-Cœur hinauf liefen, die im dunklen Himmel hell auf dem Hügel strahlt. Hach, schön. Sehr romantisch mit der Saskia.

 


Der nächste Tag startete bewölkt und wir fuhren raus zum Eiffelturm, um dort im Park zu frühstücken. Da wir bisher für den Rest des Tages noch keine Pläne gemacht hatten, saßen wir dort und planten – gibt schlechtere Plätze das zu tun. Mit der nächsten Metro ging es zu den Katakomben. Es tröpfelte ein wenig, also dachten wir, dass es eine gute Taktik sei in den Untergrund abzusteigen. Und es lohnte sich! Alle Informationstafeln waren auch in Englisch und auf dem 1,5 km langen Rundkurs durch die Stollen stillgelegter Steinbrüche sahen wir unendlich viele alte Knochen und Menschenschädel, denn als die Friedhöfe irgendwann ausgelastet waren, hatte man die Überreste der Verstorbenen einfach hier unten gelagert. Auch eine spannende Art der Totenruhe.

 

 

Als wir wieder aus dem Untergrund auftauchten hatte sich das Wetter gebessert und der Himmel war wundervoll blau mit Schäfchenwolken. Ein weiterer schöner Tag und ich genoss die Wärme in den ersten Minuten besonders, denn unten bei den Toten war es doch ziemlich kühl gewesen. Lag aber nicht an den Geistern der Vergangenheit (glaube ich). Wir hatten ein leckeres Mittagessen in einem kleinen Bistro und spazierten dann den Nachmittag über durch einen weiteren hübschen Park der Stadt. Da wir keine Lust mehr auf weiteres Programm hatten, chillten wir dort und genossen die warme Luft bis wir zum Hotel zurückfuhren. Am nächsten Tag ging es auch schon wieder zurück – was für ein entspannter, schöner Kurztrip! :)

 


 

Zuhause kam ich wieder in der Realität an, denn ich hatte mir vor Monaten das Ziel gesetzt ab dem 1. Oktober nicht mehr Zuhause zu wohnen. Nun war September und ich hatte noch keinen konkreten Schlachtplan. Ich wusste, dass ich mit dem Fernstudium quasi überall leben könnte, aber es ist ja auch immer noch Corona und ich wollte schon auch gerne eine längere Zeit an einem Ort bleiben und nicht alle paar Tage weiterreisen oder so. Kopfzerbrechen. Davon aber im nächsten Blog mehr… 

 

Sonntag, 14. November 2021

Urlaubsgrüße aus dem Corona-Sommer 2021 - Teil 1

So, how can you tell me you're lonely?
Don't say for you that the sun don't shine
Let me take you by the hand
And lead you through the streets of London
Show you something to make you change your mind
 
Ralph McTell - Streets of London


Bevor ich in meinen ersten Urlaub startete, machten sich Miri und Max für zwei Wochen auf nach Island. Ich kenne wenige Leute, die sich ihren Urlaub so sehr verdient haben wie die beiden. Sie waren ja Ende Juni schon voll geimpft, was ich als „Normalo“ ohne Priorität nicht von mir behaupten konnte, und mussten sich daher bei Ankunft nur freitesten. Und dann hatten sie fast die ganze Insel für sich, denn es waren für Island und Sommer kaum Touristen da, und konnten sich die einmalige Natur anschauen, die bei mir noch auf der Liste von Dingen, die ich gerne sehen würde, steht.
Dass alles reibungslos klappte und weder von Deutschland noch Island kurz vorher irgendwelche Bestimmungen geändert wurden, freute mich aber noch aus einem anderen Grund, denn so konnte ich für 2 Wochen bei den beiden einziehen und die Wohnung hüten. Natürlich vollkommen uneigennützig wollte ich nur die Pflanzen gießen… :P Es war schön mal wieder alleine zu wohnen. Nicht, dass ich etwas gegen Mama und Papa hätte, aber wenn man als Erwachsene nach 10 Jahren übergangsweise wieder bei den Eltern einzieht und sich das übergangsweise auf über ein Jahr verlängert und ein Ende nicht in Sicht ist, dann reicht das irgendwann und man möchte sein eigenes, selbstständiges Leben wiederhaben.

Und die Nächte auf der Parzelle hatten an den heißen Tagen im Juni auch keinen großen Spaß gemacht, wenn ich irgendwie versucht habe der Hitze in der Nacht dadurch zu entgehen, dass ich in der Hängematte schlafe. Auch wenn der Trick ist schräg zu liegen, um eine möglichst horizontale Liegeposition zu haben, sind Hängematten für Menschen, wie mich, die sich hundertmal von links nach rechts drehen müssen bevor sie einschlafen, definitiv nicht besser als ein Bett. Da helfen tagsüber nur Vamarettos – das beste Getränk, das ich jemals das Privileg hatte mitzuerfinden. Zusammen mit Insa und Kolja auf Sri Lanka (vielleicht habe ich es erwähnt): Vanillemilchshake und Amaretto. Himmel.


Und noch einen Vorteil hatte es zumindest zeitweise eine eigene Wohnung zu haben: ich konnte Besuch empfangen. Im Juni hatte Großbritannien noch eine wunderbare Sonderrolle mit den hohen Inzidenzzahlen der Deltavariante, so dass man aus so ziemlich jedem europäischen Land wieder ohne Probleme nach Deutschland einreisen konnte, außer eben aus Großbritannien. Super. Mark konnte das Einreiseverbot jedoch geschickt umgehen, indem er zuvor für mehr als 10 Tage seine Familie in Irland besuchte und so kam er auf dem Weg nach Frankreich in Bremen vorbei. Langsam kam die Normalität wieder und ich konnte es kaum erwarten auch endlich vollständig geimpft zu sein, um mich freier bewegen zu können.

Niedersachsen hing so krass hinterher mit den Impfungen im Vergleich zu Bremen, dass ich schon dachte, dass ich gar nicht mehr drankommen würde, aber da ich das Glück hatte, dass meine Hausärztin in Bremen ist, fragte ich einfach dort an und bekam die Impfung daher sehr spontan und etwa 3 Wochen eher als es in Niedersachen möglich gewesen wäre. Hurra!

 

Endlich mal wieder zu dritt unterwegs: Wanderung in den Harburger Bergen

Sommerunternehmungen im Juni und Juli:

 

Mit Mark fuhr ich für zwei Tage nach Hamburg, wo wir tollstes Sommerwetter hatten für einige Spaziergänge durch verschiedene Stadtviertel – besonders interessant natürlich St. Pauli und das Schanzenviertel, auch wenn die Reeperbahn noch nicht wieder das Partyviertel war, was sie vor Corona gewesen ist. Wir machten eine Hafenrundfahrt, was ich glaube ich bisher auch noch nicht gemacht hatte und besuchten die Kunsthalle. Ein kleiner Ausflug in die Nachbarstadt fühlte sich schon fast wie richtiger Urlaub an, so mit Hotel und Essen gehen. Da ich allerdings noch nicht vollständig geimpft war, fand ich das Testen vor dem Hotelaufenthalt und möglichen Restaurant- oder Barbesuchen sehr anstrengend. Für den ersten Abend hatte ich ja den gültigen Test, den ich für das Hotel eh gebraucht hatte, so dass wir sowohl in einem Restaurant Essen waren als auch danach noch in eine Bar gingen, wo Fußball übertragen wurde. Wenn man uns nicht nach Tests oder Impfpässen gefragt hätte, hätte dies tatsächlich ein ganz normaler Tag sein können. EM läuft, man trinkt ein Bier in einem Irish Pub in Hamburg und draußen geht langsam die Sonne unter.



Es wurde Juli und ich konnte wieder regelmäßig Bouldern gehen, außerdem machte ich wie jedes Jahr mein Sportabzeichen und verbesserte mich im 100m Sprint sogar um eine Sekunde auf 15,35. Yay, nächstes Jahr Olympia! Apropos Olympia, das gab es ja später auch noch und ich schaute begeistert die zum ersten Mal stattfindenden Wettkämpfe im Klettern an. Speed, Bouldern und Leadklettern – was für ein paar spannende Tage! :)

 


Freunde treffen, abends draußen an der Weser sitzen und Gespräche nachholen, die ein Jahr auf uns gewartet haben, Bierpong und Rage Cage spielen (ich bin zu alt für den Scheiß :D aber großartiger Abend), Frühstücken gehen mit Buffett und dann…

…buchte ich einen Flug. Nach London. Den letzten Flug, den ich gebucht hatte, war der Rückholflug der Regierung gewesen, der meine Reise 4 Monate vor dem eigentlichen Termin beendet hatte. Also nicht gerade eine wahnsinnig tolle Erinnerung. Und jetzt würde es wieder losgehen! Ich drückte alle Daumen, die ich hatte (zwei), dass jetzt nichts mehr schief ging bis zum Abreisedatum, denn sicher war ja im Moment gar nichts. Ich hatte zwar endlich meine 2. Impfdosis bekommen und knapp zwei Tage an den Nebenwirkungen gelitten und noch eine Woche später einen blauen Fleck an der Stelle, aber Einreise- und Ausreisebestimmungen konnte ich damit trotzdem nicht beeinflussen, auch wenn man ja nun einen besonders guten Draht zu Bill Gates haben soll. Lol.

Der August brachte dann auch mir die sehnlichst erwartete erste Reise seit letztem Sommer. Am Donnerstag feierten Thorsten, Sönke und ich endlich unseren Sieg über den Drachen in unserem zweiten Versuch der letzten „Die Legenden von Andor“-Kampagne. Wohoo! Am Freitag feierte Max noch seinen 30. Geburtstag, so dass ich schon mit einem leichten Schlafdefizit nach Hamburg aufbrach, wo ich die Nacht bei Mena schlafen würde. Wir blieben viel zu lange wach und quatschten, denn es lagen Monate zwischen unserem letzten Treffen. 

 

links: Max 30. Geburtstag (der zivilisierte Teil) - rechts: WG-Kunst bei Mena

Am nächsten Morgen musste ich dann um 6 Uhr aufstehen und vollkommen übermüdet zum Hamburger Flughafen fahren. Mein Coronatest für den Flug war Samstag immerhin negativ gewesen, so dass die erste Hürde dieser Reise gemeistert war. Ich hatte schon ein wenig Angst gehabt, denn ich hatte mich mit dem Leutetreffen in den letzten 2 Wochen definitiv nicht zurückgehalten. Die zweite Hürde bestand im Check-In, denn die Einreise nach Großbritannien war momentan nicht jedem gestattet. Man musste ein Einreiseformular ausfüllen und einen teuren PCR-Test vor Ort in England buchen, mit dem man sich aus der Quasi-Quarantäne freitesten konnte, wenn man vollständig geimpft war. Somit musste ich vor dem Flug das Formular, meinen negativen Antigentest und mein Impfzertifikat vorzeigen und erst als das alles gecheckt war, durfte ich weiter. Dafür wurde dann in England selbst nichts mehr kontrolliert und ich konnte innerhalb von Sekunden durch die Passkontrolle einreisen.

Ich landete in Stansted, was perfekt war, da Mark im nördlichen Teil Londons wohnte und ich so nur in den Expresszug einsteigen musste und ein paar Stationen später in Tottenham Hale wieder ausstieg. Ich war positiv aufgeregt, denn irgendwie hatte ich es geschafft noch nie in London gewesen zu sein. Ich hatte viel über die Stadt gehört und jetzt war ich endlich dort und hatte sogar jemanden, der mich als jahrelanger Londoner herumführen konnte. Perfekt! Der erste Tag in London sollte auch direkt mit einem langen Abend enden, denn Marks Schwester hatte uns zu einem Stand-up Philosophie-Comedy-Event eingeladen. Sie kannte den Veranstalter, weil er so wie sie auf einem Hausboot wohnt und die Community eng zusammenhält. Spannend! 

Ravenclaw?!

Auf dem Weg dorthin – wir nahmen natürlich die Tube – besuchten wir noch den King’s Cross Bahnhof und ich konnte meinem Happy-Fangirl-Ich eine Freude machen und den Wagen durch die Wand nach Gleis 9 ¾ schieben! Mein Kopf platzte jetzt schon von den vielen neuen Eindrücken. Hallo, ich bin Pandemie-Lockdown gewöhnt, ich brauche Zeit mich an Menschen zu gewöhnen!
Ich hatte in etwa 5 Minuten Zeit, um mich an den vollgequetschten Raum des Comedy-Events zu gewöhnen, denn kein Stuhl blieb leer und Abstand zwischen den Stühlen oder Reihen gab es – wie vor Corona – nicht. Großbritannien hatte sämtliche Einschränkungen aufgehoben (außer Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln), so dass wir nun alle ohne Maske in einem kleinen, dunklen Raum ohne Fenster saßen. Na immerhin brauche ich für die Rückreise nach Deutschland keinen negativen Test. :D

Ich genoss den Abend in vollen Zügen, es war so schön einfach wieder an diesen Events teilzunehmen und die entspannte Atmosphäre zu genießen, die manchmal knisternd wurde oder zu herzhaftem Lachen und begeistertem Applaus führte. Ein Teil einer Menschenmenge zu sein ist doch auch ein Teil des Menschseins überhaupt und das hatte ich wirklich vermisst. Ich hatte auch keine Probleme die Leute auf der Bühne zu verstehen (außer ein Typ, der als Teil seines Programmes viele Slangwörter aus irgendeinem merkwürdigen Teil von England benutzte, die ich noch nie gehört hatte) und es war superschön zu sehen aus wie vielen verschiedenen Ländern die Zuschauer kamen. London ist tatsächlich eine multikulturelle Stadt und das ist unglaublich erfrischend.

 


Vollkommen fertig von diesem ersten Tag gab es am nächsten Tag natürlich auch keine Zeit zum Ausruhen, denn wir hatten einen großen ‚Sightseeing in London‘-Tag geplant. Wir spazierten durch verschiedene Viertel, wie Soho und Chinatown, und besuchten dann Westminster Abbey mit den Gräbern und Memorials vieler berühmter Briten. Von Darwin und Newton über Austen und Dickens und diverse Könige und Königinnen bis zu dem erst vor kurzem gestorbenen Hawking. Diese alte gotische Kirche beeindruckte mich mit ihrer Architektur und ihren vielen Flügeln und Anbauten – man könnte wahrscheinlich jahrelang durch die Gänge streifen und immer wieder etwas Neues entdecken. Ein geschichtsträchtiges Gebäude, das bestimmt das ein oder andere Geheimnis verbirgt.

You are surrounded by history at the Abbey, not like a museum where it’s just displayed, but here you are standing where history has happened.” - Gerlinde (Abbey Marshal).

Nach dem Besuch der Westminster Abbey gingen wir ein wenig an der Themse entlang in Richtung Tower Bridge, weil wir dort den Fluss überqueren wollten, um zum Tower of London zu gelangen. Um meinen Besuch hier etwas spannender zu gestalten, hatte sich die Brücke heute jedoch gedacht ein wenig zu streiken und so blieben die Flügel nach einem normalen planmäßigen Öffnen oben und blockierten somit den kompletten Verkehr an dieser Stelle. Es bewegte sich nichts, rote Doppeldeckerbusse standen auf beiden Seiten im Stau und wir beschlossen zurück zur London Bridge zu gehen und dort den Fluss zu überqueren. Noch mehr laufen… Wir schafften es jedoch rechtzeitig zu unserem gebuchten Eintrittsslot, denn wegen Corona musste alles im Voraus gebucht werden, und konnten eintreten.

 

In diesem weiteren Weltkulturerbe stand ein anderer Teil der Geschichte im Vordergrund: Gefängnis, Waffen, aber auch die Reste eines Zoos. Zutrauliche Krähen hüpften durch die Innenhöfe der Festung und Figuren von Affen wirken seltsam lebendig, seltsam fehl am Platz und irgendwie trotzdem genau richtig. Auf einem der Mauergänge beobachteten wir ein inszeniertes Schauspiel, in dem ein Diener einer Hofdame den Welpen rettete, den sie loswerden musste, weil jemand hinter ihr her war. Von den Mauern und Türmen hatte man wunderbare Aussichten auf die verschiedenen Seiten der Stadt – einmal Fluss und Tower Bridge und einmal die Skyline der Hochhäuser auf der anderen Seite, die einen spannenden Kontrast zu diesen alten Festungsmauern bildete. Der Himmel zog sich langsam bedrohlich zu und so machten wir uns bald auf den Rückweg.

Am nächsten Tag ging es auch gleich weiter, denn wir fuhren nun raus aus London nach Bude, Cornwall. Keine Zeit zum Entspannen, auch wenn die Füße im Auto nicht viel tun mussten. Die Straßen waren recht voll und der Himmel leuchtete blau, so dass wir nachmittags noch einen Spaziergang entlang Küste, Hafen, Strand und durch das kleine Dorf machten. Wie wunderschön die Steilküste hier war!

Am nächsten Tag war der Himmel zugezogen und zwischendurch gab es kurzzeitig auch mal leichten Regen, aber es war nicht zu windig und relativ warm und da wir Räder mitgenommen hatten, beschlossen wir an diesem Tag eine Radtour zu machen. In Wenford Bridge startete der etwa 29km lange „Camel Trail“, der sich entlang der historischen Eisenbahnlinie zieht und dem Fluss Camel durch Bodmin bis nach Padstow folgt. Es ging durch wunderbare Landschaften bis hinaus an die Küste und nur ganz wenige Teile der Strecke mussten mit Autos geteilt werden. Zunächst viele Wälder, dann flache Buchten, in denen gerade Ebbe herrschte.

In Padstow war unglaublich viel los, der Parkplatz dort war voll und wir waren auch nicht die einzigen Radfahrer, die hier ihre Mittagspause machten. Ein Starkoch (Rick Stein – sagt mir absolut nichts, aber das muss nichts heißen) hatte hier ein Restaurant und außerdem ein Fish & Chips Laden, der nur zum Mitnehmen verkaufte. Lange Schlangen vor der Tür zeugten von der Beliebtheit. Da wir nun mal hier waren, wollten wir natürlich auch Fish & Chips von einem Starkoch essen und so stellten wir uns an. Da der Laden wohl an eine hohe Auslastung gewöhnt war, bekam man nach dem Bestellen einen elektronischen Pieper und wartete mit vielen Hundebesitzern auf sein Essen. Entweder hier war eine unangekündigte Hundeshow oder wir hatten einfach Glück… So viele Rassen habe ich selten auf einem Fleck gesehen.

Wir fuhren dann auf dem gleichen Weg zurück und machten damit insgesamt knapp 60km, die mir viel weniger vorkamen, da ich ausnahmsweise nicht auf meinem Oma-City-Rad unterwegs war, sondern diesmal ein Rennrad fuhr. Wie viel leichter das ging! Wie kann ich jemals wieder mein normales Rad fahren, jetzt wo ich vom Teufel in Verführung geführt worden bin?

Abends machten wir noch einen Spaziergang in Bude, denn es hatte sich herausgestellt, dass es sehr schwer war in dieser Stadt abends noch einen Platz zum Essen zu finden. Scheinbar waren wir nicht die einzigen gewesen, die sich diese Woche überlegt hatten nach Cornwall zu fahren und viele Briten machten nun wegen Corona Urlaub im eigenen Land.

 

Blog: Cornwall

An unserem letzten Tag in Cornwall fuhren wir runter nach St. Ives und erwischten einen perfekt sonnigen, warmen Sommertag. St. Ives war Unmengen von Besuchern vorbereitet und so parkten wir entspannt oberhalb der Stadt auf einem riesigen Parkplatz. Von dort konnten wir wunderbar in die Hügel vor der Steilküste aufbrechen und eine kleine Wanderung starten. Zunächst ging es durch schmale Wege zwischen Weiden, die durch hohe Hecken und Steinwälle voneinander getrennt waren und dann öffnete sich plötzlich der Blick auf das Meer. Tiefblau in der Ferne und türkis schimmern unter uns am Ufer in den vielen kleinen, felsigen Buchten der Steilküste.

Auf einem der schmalen Pfade wanderten wir in entspanntem Auf und Ab Richtung Stadt zurück, so dass uns langsam mehr Menschen begegneten. Der weite Strand von St. Ives war an diesem Tag hoffnungslos überfüllt, aber da diese Stadt auch mit das sauberste Badewasser Westeuropas hat, ist der Ort wohl zu Recht so beliebt. Wir bogen jedoch schnell in die schmalen Gassen der Innenstadt ein, deren Häuser weiß in der hellen Mittagssonne leuchteten. In einem kleinen Café holten wir uns eine Spezialität der Gegend: Cornish Pasty. Lecker!
Wir machten uns dann auch schon wieder langsam auf den Rückweg, denn wir hatten recht früh in einem Restaurant reserviert und wollten den Termin nicht verpassen, die Restaurantsituation war ja eher problematisch. Das Essen war dann auch echt vorzüglich (wunderbares Wort :D), ein wunderbares, winziges Restaurant mit gerade mal 4 oder 5 Tischen.

Am nächsten Tag verließen wir Cornwall auch schon wieder in Richtung Norden, wir wollten nach Wales. Leider hatten scheinbar auch alle anderen die Idee und es war ein Freitag, der vermutlich noch alles verschlimmerte, denn die Straßen waren einfach nur voll. Und es führte auch nur eine Straße raus, also konnte man auch kaum irgendeinen Stau umfahren. Als wir ein wenig frustriert mittags an einem Rasthof anhielten verstärkte sich der Horror nur noch. Auf dem Parkplatz, der als Einbahnstraßensystem aufgebaut war, bewegte sich nichts vorwärts. Wir brauchten ewig, um dort wieder weg zu kommen und waren nach dieser Pause also nicht wirklich entspannt.

Trotzdem schafften wir es irgendwie in Tenby, Pembrokeshire, anzukommen. Der Besitzer des Hotels war unglaublich freundlich und ließ uns unsere Räder in einem kleinen Schuppen einschließen, wofür er uns dann den Schlüssel gab. Das Zimmer war ganz oben in einem irgendwie etwas schiefen Haus und hatte nur ein kleines Fenster, das man über Nacht nicht auflassen konnte, denn die Möwen schrien morgens zu laut. Haha.


Tenby liegt an der Küste und als wir abends noch durch die Stadt gingen, sahen wir schon einiges von seiner Schönheit: Hafen und Sandstrände, eine alte Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert und viele kleine Gassen und Häuser. Der Hotelbesitzer hatte uns gewarnt, dass diese Stadt schon sehr früh die Bürgersteige hochklappt, und so war das erste Restaurant, in das wir gehen wollten, tatsächlich schon am Schließen. Um 8 Uhr an einem Freitagabend. Ein Inder wollte nur Bargeld, das keiner von uns dabei hatte, aber dann fanden wir doch noch ein nettes Plätzchen zum Essen. Wer hätte gedacht, dass Restaurants in Touristenorten zu finden, tatsächlich die schwerste Aufgabe werden würde?! :D

Am nächsten Tag ging es bei bedecktem Himmel los in den Pembrokeshire Coast National Park nach Broad Haven, wo wir uns auf die Räder schwangen und der Küstenstraße Richtung Norden folgten. Direkt nach zwei Minuten kam die erste Hürde von vielen: es ging steil bergauf. Wir waren auf Meereshöhe am Strand gestartet, die Küstenstraße folgte jedoch den natürlichen Gegebenheiten und wand sich in Kurven in ständigem steilen Auf und Ab mal näher und mal weiter weg vom Meer durch die grünen Wiesen. Es wechselte sich also krampfhaftes Keuchen beim Hochfahren mit verkrampften Händen durch das viele Bremsen ab. Die Straße war so schmal, dass zwei Autos die meiste Zeit nicht nebeneinander passten, und die Wälle an den Seiten so hoch, dass man nicht um die Kurven schauen konnte. Somit konnte man nicht mal auf den Abschnitten, auf denen es bergab ging, schnell werden, denn bei einem entgegenkommenden Auto zieht man als Radfahrer den Kürzeren. Schade.

Nach etwa 10 Kilometern kamen wir an einem langgezogenen Strand bei Newgale an, wo man wohl gut Surfen kann. Wir machten am Kiesstrand unsere Pause und beschlossen heute nicht mehr weiterzufahren. Das Wetter war eh nicht so wunderschön und das ständige Hochfahren hatte uns erschöpft. Eigentlich hatten wir noch mal so viel bis nach St. Davids machen wollen, aber unsere Motivation hielt sich in Grenzen und wir mussten den ganzen Weg ja auch noch wieder zurück. Als wir wieder am Auto waren, taten mir meine Hände glaube ich mehr weh als meine Oberschenkel. Aber es war ein knappes Rennen. 


Der Nachmittag in Tenby wurde dann plötzlich richtig schön sonnig, so dass wir noch einen Strandspaziergang machten und alle anderen Sehenswürdigkeiten besichtigten. Gut, dass wir nicht noch weiter gefahren waren.

Am nächsten Tag ging es auch schon wieder zurück nach London, auch wenn wir noch einen Umweg einbauten und im Brecon Beacons National Park anhielten. Dort sollte eine wunderschöne etwa 15 bis 16 Kilometer Rundwanderung auf den höchsten Berg von Südwales führen. Auf der Fahrt in den Nationalpark regnete es gelegentlich, doch da es auch manchmal besser aussah und wir darauf hofften, dass das Wetter, wie die letzten Tage, nachmittags besser wurde, fuhren wir trotzdem in die Berge hinein. Im Talkessel konnte man in der Nähe eines Reservoirs parken und dort den hufeisenförmigen Weg über die vielen Gipfel um das Tal herum starten.

Blog: Horseshoe-Wanderung

Wir hatten allerdings kein Glück mit dem Wetter, es regnete oder nieselte fast die ganze Zeit, so dass wir trotz Regenjacken ziemlich nass wurden, denn die Schuhe waren irgendwann durch und auch die Hosen waren nicht wasserfest. Dadurch, dass wir auch besonders am Anfang viel hoch gingen, kam man auch schnell ins Schwitzen – immerhin war uns nicht kalt.

 


Der Gipfel des Pen y Fan liegt auf 886m und markierte für uns den Endpunkt der Gipfelstürmerei. Leider war die Sicht durch das Wandern in den Wolken nicht wirklich gut und die Steine natürlich auch etwas rutschig, so dass wir beschlossen von dort den direktesten Weg zurück zum Parkplatz zu nehmen. Wir machten immer noch insgesamt ca. 15 km, aber nicht mehr so viele Höhenmeter und konnten noch ein wenig die Wanderung im Tal genießen. 

Wer mehr lesen will, muss auf den Link klicken, denn ich bin zu faul alles doppelt zu schreiben. ;) Da sind auch noch mehr Fotos.

Zurück in London hatte ich noch zwei volle Tage bevor es wieder nach Hause gehen würde. Da ich erst einmal genug neue Eindrücke hatte, machten wir am Montag kein Sightseeing, sondern blieben in der Wohngegen von Mark. Das war allerdings auch spannend, denn dort wohnen viele ultrakonservative Juden, die man auf den Straßen natürlich immer sofort erkannte. Da es diese Gemeinschaften in Deutschland ja nicht mehr gibt, war es umso spannender hier das normale Leben zu sehen und irgendwie mittendrin zu sein. Sehr spannend!

In Fußgehweite war außerdem ein burgmäßiges Gebäude – passenderweise „Castle“ genannt – das zwischen all den neuen Hochhäusern vollkommen fehl am Platz wirkte und das eine riesige Kletterhalle beherbergte. Natürlich gingen wir hin! Auf mehreren Ebenen gab es verschiedene Boulderbereiche und Seilklettern. Wir beschränkten uns hauptsächlich auf den Kletterbereich mit Selfbelay-Stationen, da ich Mark nicht sichern durfte und wir auch gar kein Sicherungsgerät dabeihatten. :D Ups, schlechte Planung. Aber dort gab es an zwei Wänden mit unterschiedlichen Höhen genug Strecken in verschiedenen Schwierigkeiten, die wir ausprobieren konnten. Es machte super viel Spaß, auch wenn ich zugeben muss, dass das Abspringen von der Wand, wenn man oben in über 10 m Höhe angekommen ist, sehr viel Überwindung kostet. Wenn einen ein Partner sichert, dann ist das Seil straff und man springt nicht ins Nichts, sondern wird einfach sanft hinuntergelassen. Aber bei den Selfbelay-Stationen muss man loslassen und quasi abstürzen, bevor einen das Seil auffängt und langsam herunterlässt. Hui.

Am nächsten Tag fuhren wir noch einmal rein nach London und besuchten ein paar Flecken, die wir beim letzten Mal ausgelassen hatten wie Trafalgar Square und Buckingham Palace. Abends traf ich mich noch kurz mit Sarah, die ich bestimmt seit dem Abi nicht mehr gesehen hatte. Super cool, dass das geklappt hat, denn so schnell bin ich bestimmt nicht wieder in dieser Stadt. :)

Tschüssi London

 

Eigentlich wollte ich noch von den anderen Sommer-Kurzausflügen und Trips erzählen, aber irgendwie ist dieser Blog schon länger geworden als gedacht, also verschiebe ich den Teil auf das nächste Mal. :)

Also danke für's lesen, sorry für die Länge und bis zum nächsten Mal! Ich arbeite fleißig an neuen Abenteuern und Dingen zum Erzählen!