Montag, 18. Mai 2020

Auf dem Weg zu Tee und Buddha - Ankunft auf Sri Lanka

"Walk on, walk on
With hope in your heart
And you'll never walk alone.
You'll never walk alone."


Indien wurde schnell unter uns kleiner, dann waren wir über dem Wasser und irgendwann kam neues Land in Sicht. Grün sah es von oben aus und bei dem im Sonnenlicht glitzernden Wasser wurde mir direkt warm. Die wenigen Minuten in Chennai als wir vom Flieger ins Gebäude gingen, waren auch schon unangenehm schwül-warm gewesen, bereiteten mich aber nur wenig auf das tropische Klima Sri Lankas vor.

Der Flughafen von Colombo liegt etwa eine Stunde nördlich der Innenstadt in Negombo, weshalb wir uns dort ein Zimmer gebucht hatten. Wir kamen nämlich einen Tag vor Kolja an, der uns für eine Woche hier besuchen wollte. Mit dem angebrochenen Tag wollten wir eh nichts mehr machen, denn wir waren eigentlich nur hungrig und müde.
Unsere Unterkunft war 'besonderer' als wir bei der Buchung gewusst hatten, denn es stellte sich heraus, dass unsere Gastgeber taub waren. Trotz oder gerade deswegen funktionierte alles wunderbar reibungslos. Schon im Vorfeld hatten wir per Mail detaillierte Informationen zur Anreise erhalten und viele Schilder an der Wand informierten einen über alles andere, das wichtig sein könnte. Noch schnell aufgeschrieben, dass man Tee zum Frühstück wollte und damit war eigentlich alles geklärt. Funktionierte wunderbar und wir lernten schnell noch mal wie man Danke in Gebärdensprache sagt.

 
Colombo.

Am nächsten Morgen fuhren wir dann mit gepackten Rucksäcken wieder zum Flughafen und blieben draußen stehen. Man durfte den Flughafen nur mit einem Passierschein (haha) betreten und den wollten wir nicht kaufen. Es gab eh nur einen Ausgang, also einfach warten bis Kolja herausspaziert kommt.
Nach ein paar langen Umarmungen (es fühlt sich gerade wirklich komisch an das zu schreiben - als hätten wir etwas Verbotenes getan... komisch Zeiten in denen wir leben) waren wir dann bereit nach Colombo zu fahren. Ein Taxi zu dritt war auch gar nicht so teuer, besonders, da wir natürlich eins per App bestellten und nicht auf die teuren Preisvorschläge der Flughafentaxen eingingen.
Da es ja noch relativ früh war und Kolja meinte, dass er fit sei, starteten wir unser Sightseeing-Programm mit einer langen Tour durch die Innenstadt Colombos. Natürlich zu Fuß. Flip Flops an die Füße und los. Wir besuchten eine kleine Strandpromenade mit abgesperrten Schildkrötenlegeplätzen und sahen ein paar Pelikane auf Laternenmasten sitzen. Es gab einigermaßen viel Verkehr auf den großen Straßen, aber sofort fiel eines auf: Es gab deutlich weniger lautes Hupen. Man hielt sich an die Verkehrsregeln und sogar die Ampeln funktionierten. Ein großer Schock für uns war, dass sogar alle anhielten, wenn man als Fußgänger über einen Zebrastreifen gehen wollte. Das klappt ja nicht einmal in Deutschland so gut.




Wenn einem die Zwischenräume zwischen den Zehen weh tun, muss man halt kreativ werden. Bis auf schmerzende Bäuche vom Lachen, brachte uns diese Variante allerdings nicht wahnsinnig viel.

 Pelikansuchbild


Wir kamen an Regierungsgebäuden, großen Hotels, ein paar Malls und vielen kleinen Geschäften vorbei. Den Leuchtturm, den wir uns anschauen wollten, konnten wir jedoch nicht finden, weil alle Straßen dorthin irgendwie abgesperrt waren wegen Militärgelände. In einem süßen kleinen Tee-Laden bestellte man modern mit dem Tablet aus einem Angebot aus hunderten von Sorten (wir waren geringfügig überfordert) und wir beobachteten fasziniert andere Menschen, die komische Gerätschaften bestellten, die wir noch nie gesehen hatten. Tee ist offensichtlich ein sehr viel komplexeres Thema als ich vorher so gedacht hatte. Falls jemand gerade die Verbindung nicht ziehen kann: Sri Lanka hieß bis in die 70er Jahre Ceylon, also Tee können die hier und ich freute mich schon auf die Teeplantagen im Inneren des Landes.



Aber zuvor war noch ein bisschen Stadt dran. Wir aßen in einer großen Imbisshalle, die hauptsächlich von arbeitenden Sri Lankern besucht wird und waren glücklich diesen Ort gefunden zu haben. Für weniger als einen Euro bekam man einen Reisteller mit 4 vegetarischen Beilagen, die man sich aussuchen konnte und so probierten wir uns durch. Würzig und fruchtig war das Mango-Curry einfach perfekt zu meinem gelben Rosinenreis. Sri Lanka machte einfach einen perfekten ersten Eindruck.
Wir waren im Stadtteil 'Fort' gewesen, liefen dann über 'Slave Island' zurück in die Innenstadt. Dabei sahen wir noch einen farbenfrohen Hindutempel und eine riesige Moschee, wobei die meisten Menschen hier Buddhisten sind und die meisten Tempel daher Buddha gewidmet. Die letzten 2 bis 3 Kilometer quälten wir uns etwas durch eine Parkanlage, denn Kolja schmerzten die Füße und auch ich war in letzter Zeit nicht so lange Strecken in Flip Flops gelaufen. Aber ein kurzer Stopp bei den Fitnessgeräten war natürlich noch drin, an so was geht man nicht einfach vorbei, auch wenn es zu warm ist für Sport. :P









Seelentier. Die haben nach meinem Abbild einen Tempel gebaut. Süß.
 
Entspannter Sonnenuntergang am Wasser, wo wir in einem der vielen kleinen Restaurants, die erst abends aufgebaut wurden, zu Abend aßen.


Kandy.

Wir hatten beschlossen mit Kolja ein wirklich straffes Programm durchzuziehen, damit er möglichst viel sehen konnte in den wenigen Tagen, die er hier war und so fuhren wir am nächsten Tag schon in die Berge, wir waren auf dem Weg in die erstaunlich hohen 'Highlands' Sri Lankas.
Da die 'reserved' Zugtickets schon Wochen vorher ausgebucht sind, fuhren wir früh genug zum Bahnhof und holten uns Tickets für die nicht reservierten Abteile. Und dann wurde es spannend. Der Bahnsteig füllte sich immer mehr bis die Leute dicht an dicht standen. Jemand warnte uns, dass es voll werden würde und so wandten wir unsere indischen Drängeltaktiken erfolgreich an, bekamen noch 3 Sitzplätze und unsere Rucksäcke über uns verstaut. Hervorragend!



Mittags waren wir dann in Kandy und suchten spontan nach einer Unterkunft. Irgendwie war das billigste für 3 Leute mit Klimaanlage ein Zimmer in einem Guesthouse mit Pool und wir bekamen sogar einen Willkommenscocktail. Wie fancy war das denn? Wir hatten ein eigenes Bad und sogar einen Balkon mit Blick auf den Pool und die grünen Hügel rund um Kandy.
Da wir ja noch einen halben Tag Zeit hatten, gingen wir in einer Halle mit kleinen Essensständen Mittagessen und probierten viele Sachen, die nur wenige Cent kosteten. Es war großartig! Danach ein Spaziergang um den See herum, wobei wir 2 große Echsen sahen und etwas abseits der Straße die witzigsten Affen entdeckten, die wir je gesehen hatten. Jeder hatte eine andere lustige Frisur und ich finde alle Affen sollten so herumlaufen wie diese Affenart. 
Dafür fanden wir einen Viewpoint allerdings nicht, weil wir von einem Soldaten aufgehalten wurden, der uns nicht in den Wald gehen ließ. Schade, aber mit bewaffneten Menschen diskutieren wir nicht. :D






Abends aßen wir dann in unserer Unterkunft, da wir etwas außerhalb der Innenstadt in den Hügeln wohnten und es keine Restaurants in der Nähe gab. Die Preise waren aber voll in Ordnung und die Vanillemilchshakes ein Traum. Da Insa und ich Amaretto heftig vermisst hatten, haben wir Kolja überredet für uns den Alkoholkurier zu spielen und so konnten wir unsere Milchshakes mit Amaretto aufpimpen. Das beste Getränk der Welt wurde an diesem Abend erfunden: Vamaretto.



Am nächsten Morgen quälte ich mich tatsächlich einmal etwas eher aus dem Bett, um mit Kolja eine Runde im kühlen Pool schwimmen zu gehen. Auch gestern Abend waren wir dort schon ein paar Bahnen geschwommen - es war super einen Pool zu haben.
Wir frühstückten leckeres Gebäck, das wir am Tag zuvor in der Essenshalle gekauft hatten und waren so gut gestärkt für einen Spaziergang runter zum Udawatte Kele Sanctuary, einem Naturpark am Rande der Stadt. Man musste sich zwar einen Hügel hinauf quälen, um dorthin zu gelangen, aber dann konnte man im wunderbar kühlen, schattigen urwaldartigen Wald spazieren gehen und Waldspaziergänge entspannen mich immer so. Wir wanderten knapp zwei Stunden in einer großen Runde durch den Park und es war verrückt, wie sich der Wald immer wieder veränderte. Teilweise lichter Wald mit hohen Bäumen und recht trocken, dann unglaublich grün und feucht. Ein Highlight des Waldes war eine einzige etwa 200 Jahre alte Liane, die sich über hunderte Meter durch den Wald zog. Diese war auch harmlos, aber es gab auch zarte, stachelbesetzte, die auf den Weg herabhingen und sich einmal an mir und einmal an Insa festkrallten. Stachel im Hals sind übrigens eher weniger angenehm... Danach achtete ich etwas besser auf alles, das auf den Weg hing.





Als letztes besuchten wir nun den Viewpoint, den wir gestern nicht hatten besuchen können und wussten nun, warum wir von dort nicht hatten in den Wald gehen dürfen: Es kostete Eintritt und dort war kein Eingang, an dem man bezahlen konnte. ;) Man hatte einen netten Blick über den See und die Innenstadt, denn man war doch erstaunlich weit oben auf dem Hügel.



Also wieder runter und ab zu den Tempeln, die das Highlight von Kandy sind. Da alle religiösen Einrichtungen eine angemessene Bekleidung voraussetzen, durfte Kolja mit seiner kurzen Hose nicht rein. Mist, hatten wir vorher nicht drüber nachgedacht, denn wir laufen seit Indien eigentlich immer in langen Hosen herum und haben unsere Tücher standardmäßig eingepackt. Aber es gab natürlich eine Lösung für das Problem, man konnte sich um die Ecke lange Tücher kaufen. Da die billigsten Wickelröcke weiß waren, konnte sich Kolja farblich den meisten Pilgern und Gläubigen anpassen, die alle in weißer Kleidung über das Gelände schlenderten. Es war sogar ein echter Männerrock, den er bekommen hatte, die gleiche Wickeltechnik, wie wir sie schon aus Myanmar kannten und auch hier liefen nicht wenige Männer in diesen Kleidungsstücken herum. Aus irgendeinem Grund sah Kolja jedoch trotzdem nicht aus wie ein Einheimischer. Weiß nicht genau was dazu fehlte. :D




Als wir unsere Schuhe abgaben, um in einen Tempel zu gehen, wurde mir allerdings klar was mir fehlte.. Unempfindliche Fußsohlen oder 3cm Hornhaut. Die Mittagssonne hatte die Steine der Wege so stark aufgeheizt, dass es sich anfühlte wie auf glühenden Kohlen zu laufen. Ich musste rennen, um im nächsten Schatten den Schmerz abklingen zu lassen. Ein paar Besucher lächelten milde amüsiert und herablassend. Pah! Meine Fußsohlen waren rot, das war echt nicht witzig! Später hatten sie sich jedoch etwas besser an die Hitze gewöhnt und ich konnte andere Touristen beim schmerzhaften Versuch über die Steine zu laufen, beobachten. Ha! Weicheier!

Das Tempelgelände bestand aus mehreren buddhistischen Tempeln und Stupas, einer christlichen Kirche etwas außerhalb und dem 1. Buddha-Museum der Welt. Zunächst einmal ging es jedoch zu dem heiligsten Tempel, dem Sri Dalada Maligawa, dem Zahntempel. Dieser wurde im 17. Jahrhundert erbaut und dient einem einzigen Zweck, der Aufbewahrung eines Zahnes von Buddha. Dreimal am Tag wird dieser hervorgeholt und große Zeremonien ermöglichen den Gläubigen das Beten. Wir waren nicht zu einer dieser Zeiten da und trotzdem war noch erstaunlich viel los. Wahrscheinlich ist der Zahn eine Replik, denn aus Sicherheitsgründen gibt es mehrere Kopien und der Originalzahn wird wohl an einem geheimen Ort verwahrt. Es gab auch viel Videoüberwachung und Wachpersonal.
Das Gebäude war sowohl von außen als auch von innen wunderschön. Feine Verzierungen, goldene Schreine, Buddhas, geschnitztes Holz. In einigen Bereichen durfte man keine Fotos machen, auch im oberen Stockwerk, in dem sich ein kleines Museum befand, nicht. Hier wurde die Geschichte des Zahnes nacherzählt, prunkvolle Geschenke von Gläubigen aus aller Welt waren ausgestellt und ein Zimmer erzählte von dem Selbstmordanschlag von 1998 bei dem 17 Menschen starben. Was man im so modern anmutenden Sri Lanka gar nicht vermuten würde: Das Land befand sich bis vor etwa 10 Jahren noch in einem Bürgerkrieg.





Das nächste Gebäude, das wir besuchten, war das Buddha-Museum, das für uns umsonst war, denn wir hatten ein recht teures Eintrittsticket für den Tempel kaufen müssen. Immerhin konnten wir damit in alles andere hier auch rein. Auf zwei Ebenen wurde man durch alle Länder geleitet, die buddhistischen Glaubens waren bzw. große buddhistische Gebiete besaßen und beim Durschschlendern fiel Insa und mir immer wieder auf wie viele der heiligen Stätten, Pagoden und Tempel wir schon gesehen hatten: Angkor Thom (bei Angkor Wat, Kambodscha) war für mich die größte Überraschung, ich hatte immer gedacht, dass die ganze Tempelanlage von Angkor Wat hinduistisch gewesen sei.
Langsam taten unsere Füße weh - mal wieder - und so machten wir eine kurze Verschnaufspause unter einem großen Pavillon zwischen Tempel und Museum. Danach schauten wir uns noch die kleineren Stupas an und gingen etwas Essen. Die ganze Altstadt von Kandy wurde zusammen mit dem Tempelbezirk 1988 zum Weltkulturerbe gekürt. Kandy war wirklich sehr schön, klein und wunderbar entspannt inmitten der grünen Hügel.




Den Abend ließen wir mal wieder mit Vamaretto auf unserem Balkon ausklingen und wir gingen noch ein letztes Mal in den Pool. Nach ein paar Runden schwimmen chillten Kolja und ich uns an den Beckenrand, um ein paar Einheimischen beim Schwimmen "lernen" zuzuschauen und plötzlich bemerkte ich, dass überall Blut war. Ich konnte jedoch keine Wunde entdecken und erst als mir Kolja seine Brille auslieh (haha, danke, dass du auch so ein Blindfisch bist), fand ich den Verursacher: die halbe Kuppe meines einen Zehs war ab. Keine Ahnung wie oder wann, aber es tat nicht weh, also Pflaster drauf und halt nicht mehr ins Wasser. Insa hatte schlauerweise direkt nur auf der Liege in der letzten Sonne des Tages gechillt.
Wir spielten, wie am Abend zuvor, eine Runde "Liederraten", womit man sich erstaunlich lange beschäftigen konnte. Vielleicht lag es an unseren nicht allzu großen Gesangstalenten. Dafür schafften Insa und ich es manchmal schon ein Lied des anderen zu erraten, wenn dieser nur den Beat oder die Musik herausgröhlte. Wir haben da so ein paar Klassiker...
Ich verabschiede mich mit:
"Ist das deutsch?"
"aus Flausch und Blut"
und damit wäre dann auch alles gesagt.




Ich versuche die nächsten Tage noch den Rest des Textes zu schreiben. Der eigentliche Plan war es nur einen Artikel zu den 7 Tagen mit Kolja zu machen, aber die erste Hälfte ist schon wieder etwas ausgeartet, also halt zwei...



Prost, Kinder. Und bis bald.

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