Forever zusamm', ich halt' dich im Arm,
Sonnenuntergang.
Und wir geh'n heut' Nacht ein Einhorn fang'
Zusamm', ich halt' dich im Arm,
Sonnenuntergang,
Und wir geh'n heut' Nacht ein Einhorn fang'
Einhorn fang - MC Fitti
Jap, großartiger Songtext, ich weiß. :P Aber auch dieses Lied hat es in unsere höchst epische Travel-Playlist geschafft. ;)
Aber darum geht es nicht. Sondern um Natur! Wuhu! Raus aus dem versmogten Kathmandu und rein in den Nationalpark. Quasi.
Wir haben keine Ahnung warum keiner unserer Travelbuddies nach Chitwan gefahren ist, denn mit 5-6 Stunden ist der Park näher dran als Pokhara und viele Orte, von denen man eine Wanderung startet. Uuuund ganz anders als alles, an das man so denkt, wenn man Nepal hört.
Chitwan National Park.
Sauraha, Nepal.
Wir fuhren aus einem Tal, das südlich von der Hauptstraße zwischen Kathmandu und Pokhara abging, quasi direkt aus den Bergen heraus. Es wurde warm und plötzlich säumten Palmen die Straße. 50km und man war in einer anderen Welt.
Wir hatten eine süße Lodge mit Veranda gebucht und richteten uns kurz dort ein. Es war so angenehm die warmen Sonnenstrahlen auf der Haut zu spüren - es war doch recht kühl geworden in Kathmandu. Hier war noch ein letzter Rest Sommer. :)
Am späten Nachmittag machten wir einen kurzen Spaziergang zum Fluss hinunter, der die natürliche Grenze zwischen Dorf und Nationalpark bildet. Dieser Fluss fließt übrigens viele, viele Kilometer stromabwärts in Indien in den Ganges.
Langsam färbte die untergehende Sonne den Himmel und Fluss golden und wir bestaunten die paar Krokodile auf der Sandbank uns gegenüber. Eins davon war ein Gharial, ein Krokodil, das eine sehr dünne, flache Schnauze hat und sich ausschließlich von Fischen ernährt. Diese Art ist vom Aussterben bedroht - man schätzt, dass es nur noch 200-1000 Tiere in der freien Wildbahn gibt. Und hier im Park gibt es nicht einmal mehr 50.
Glücklich dieses Tier gesehen zu haben, gingen wir noch ein bisschen am Fluss entlang und sahen plötzlich ein schlafendes Nashorn im hohen Gras liegen. Einfach so. Wie hart wir in Afrika nach diesen Tieren suchen mussten und hier chillte quasi eins im Vorgarten der Stadt.
Kurz darauf sahen wir noch ein zweites über die Sandbank spazieren. Wir waren nicht mal im Nationalpark gewesen und hatten schon zwei Nashörner gesehen!
Ich versprach mich ein paar Mal in der Aufregung und nannte die Tiere Einhorn, womit Insa mich den Rest des Tages aufzog. Aber hey, komplett falsch lag ich damit nicht, denn anders als die afrikanischen Tiere, haben die asiatischen Nashörner nur ein Horn.
Am nächsten Tag ging es dann wirklich in den Chitwan Nationalpark. Wir hatten die acht-Stunden-Wanderung gebucht, um möglichst viel von der Gegend sehen zu können. Wir und zwei Guides mit Bambusstöcken.
Erstmal eine Sicherheitsunterweisung (safety first und so):
- Rhino: renn so schnell du kannst und kletter auf einen Baum. Lass dabei noch was von dir fallen, damit das Tierchen abgelenkt ist. Falls kein Baum in der Nähe, renn über spitze Steine, das tut denen weh.
- Elefant: auf nen Baum klettern ist auch hier nicht schlecht, aber die kommen höher, also besser in dichten Wald laufen, wo sie dir nicht mehr folgen können.
- Bär: alle zusammen groß machen und laut sein. Quasi was man standardmäßig so macht bei Bären.
- Tiger: Augenkontakt und nicht rennen. Bloß nicht umdrehen. Ok. Kein Problem. :P
Am Fluss ging es los. Wir fuhren in einem Kanu, das aus einem einzigen Baumstamm per Hand geschnitzt worden war, eine dreiviertel Stunde auf dem dampfenden Fluss durch den stillen Morgennebel. Es gab warme Quellen, weswegen das Flusswasser wärmer als die Luft war und den Fluss dampfen ließ. Die Krokodile schliefen daher noch im warmen Wasser und zeigten sich nicht. Hinter uns ging rot-orange die Sonne über der farblosen Welt auf. Es war still und der Nebel schnitt uns schnell von der Zivilisation des Dorfes ab.
Der Fluss war ein Paradies für Vögel. Wir sahen mehrere Eisvogelarten, Reiher, Ibise, hier überwinternde Enten aus Sibirien, Störche und Pfaue. Klar habe ich schon viele Pfaue gesehen, aber noch nie in der freien Wildbahn. Irgendwie habe ich nie darüber nachgedacht, wo die wohl herkommen würden.
Nach einer langen dreiviertel Stunde und mit mittlerweile schmerzendem Hintern (die Holzhocker im Kanu waren abnormal unbequem), stiegen wir auf der "anderen" Seite des Flusses aus - der Nationalparkseite. Kein Zaun, direkt Wildnis. Schon nach zwei Minuten stolperten wir quasi über die ersten recht frischen Tigerspuren im Sand. Wow. Einfach wow. Die riesigen Pfotenabdrücke bildeten eine lange Spur und es war einfach kaum vorstellbar, dass hier ein Tiger lang gelaufen sein soll. Ich meine, ein TIGER!
Funfact: Es gibt mehr Tiger im Chitwan Nationalpark als wildlebende Elefanten. Aber wirklich berühmt ist der Nationalpark für die Nashörner und er enttäuschte auch heute nicht. Wir sahen im Laufe des Tages noch sechs weitere Nashörner. Gott sei Dank nicht super nah dran, denn diesmal waren wir in ihrem Zuhause die Eindringlinge.
Elefanten sahen wir nur welche, die von Menschen geritten wurden, leider. Sie werden unter anderem im Nationalpark als "Big Buddy" eingesetzt. Elefantenreiten gibt es leider auch noch, aber es wird weniger, weil viele das nicht mehr wollen und es somit nicht mehr so oft gebucht wird. Gott sei Dank. Es tat weh Elefanten in Ketten zu sehen. :(
Wir trafen einen Typen, der seine Doktorarbeit im oder über den Park schrieb und wohl über Nacht dort bleiben würde und der hatte einen Elefanten als Beschützer dabei. War auch praktisch als sie den Fluss überqueren mussten, da konnte er eben schnell auf den Rücken hopsen und wurde nicht nass oder von Krokodilen gefressen. :P
Auf der Hauptstraße trafen wir später noch eine Elefantenmama und ihr Baby, das plötzlich anfing auf uns zu zu rennen. Tapsige Schritte, offensichtlich noch klein und trotzdem einfach mal größer als ich und so schwer wie ein Auto oder so. :D Was weiß ich. Es war süß und scary zugleich. ^^
Aber zurück zu unserem kleinen Spaziergang:
Wir gingen nun durch recht lichten Wald. Salbäume, falls es jemanden interessiert.
Hier sahen wir andere bunte Vögel, Spechte und mehrere Hornbills - ich finde den deutschen Namen "Nashornvogel" irgendwie doof. Außerdem zwei verschiedene Affenarten und Rehe. Ich hätte die Rehe niemals entdeckt und selbst als der Guide dorthin zeigte, sah ich.. nichts. Erst als die Tiere plötzlich weg liefen, merkte ich, dass sich der halbe Wald zu bewegen schien.
Wir sahen frische Kratzspuren von Tigern in Bäumen und große Abdrücke von Nashornfüßen im getrockneten Schlamm.
Gegen Mittag kamen wir aus dem Wald heraus in große Flächen voller Elefantengras. Krass! Jetzt am Ende des Jahres, wo auch hier langsam ein Herbst einsetzt, ist das Gras nicht mehr so hoch wie es sein kann (bis zu 8m), aber immer noch hoch genug, dass man sich winzig klein vorkam. Es hätten sich Elefanten, Tiger, eigentlich alles, direkt neben uns verstecken können und wir hätten es nie bemerkt. Unser Guide hielt oft an, um zu lauschen, denn große Tiere machen auch meist großen Lärm, aber wir sahen hier nur noch ein paar andere Affen auf den einzelnen Bäumen und viele Vögel, natürlich.
Als wir plötzlich vor einem Zaun standen, war ich etwas verwirrt. Was machte der hier? Und sollte er etwas davon abhalten herein zu kommen oder auszubrechen? Auf beiden Seiten war Strom.
Es stellte sich heraus, dass in dem Gehege Büffel waren, die als Test hier leben, um sie vielleicht wieder hier auszuwildern. Sie sind momentan nur noch im Osten Nepals in freier Wildbahn zu finden.
Ein Tiger hatte vor einiger Zeit die Gunst der Stunde genutzt und war eingebrochen und hatte einen der Büffel gerissen. Man hatte ihn betäuben und raustragen müssen.
Als wir wieder den Fluss erreichten, setzten wir uns dort noch eine Zeit lang hin, in der Hoffnung am anderen Ufer einen Tiger zu sehen. Keine Ahnung warum unsere Guides keine Angst hatten, dass die hinter uns auftauchen könnten, denn dort hatten wir eben noch Tigerspuren gesehen, aber hey.. Die werden schon wissen was sie tun. Wir haben überlebt. :P Und statt Tigern halt noch ein Nashorn gesehen.
Wir kamen einiges nach den geplanten acht Stunden zurück. Sehr glücklich übrigens, denn die lange Zeit durch den Park gewandert zu sein war unglaublich spannend gewesen. Ja, es erinnerte mich an Afrika und vielleicht auch Südamerika, aber in so einer Landschaft bin ich noch nie gewesen. Danke Nepal, dass du auch dieses Wunder besitzt!
Am nächsten Tag regnete es wirklich die komplette Zeit mit ein paar Gewittern am Abend. Wir hatten erst überlegt unsere Pläne trotzdem umzusetzen, aber dann beschlossen wir einfach einen Tag zu verlängern. Wir planten unsere letzten Wochen in Nepal und entspannten halt 'ne Runde.
Unser Zimmer hatte eine süße Veranda, auf der man Tee trinkend und dem Regen zuhörend sitzen konnte. Frieden.
Der nächste Tag war dann wieder sonnig und es war perfekt, dass wir abgewartet hatten, denn wir spazierten durch stechend gelbe Senffelder, die im Sonnenschein so viel kraftvoller leuchteten.
Heuhaufen, Ochsen, Büffel, Ziegen, Hühner und Enten. Kleine Tharu-Dörfer, die von Landwirtschaft leben. Eine ganz andere Art von Natur und Tierbeobachtung. ;)
Wir besuchten auch ein Tharu-Museum und ich habe, glaube ich, noch nie wirklich JEDEN Text in einem Museum gelesen. Es war unglaublich spannend.
Die Tharu waren das einzige Volk, das sich in der Chitwan-Region angesiedelt hatte und dort leben konnte, weil sie irgendwie eine Immunität gegen Malaria entwickelt hatten. Die Völker aus den Bergen hatten ziemlichen Respekt vor dieser Krankheit und kamen daher nur im Winter herunter in die wärmeren Ebenen.
Alles änderte sich dann in den 50er Jahren, als die Amis anfingen sich einzumischen. Sie schafften es Malaria innerhalb kürzester Zeit auszurotten und starteten eine Siedlungswelle von "Bergnepalis", die sie mit dem Vordringen in den wilden Westen verglichen. Ein paar Jahre später waren die Tharu plötzlich eine Minderheit. Als dann in den 70ern der Chitwan Nationalpark gegründet wurde - übrigens der erste Nationalpark in Nepal -, kam es noch einmal hart für die kleinen Dörfer, denn man wollte keine Menschen mehr im Park haben und so fing man an die Menschen umzusiedeln. So wichtig der Schritt gewesen ist, die einmalige Natur und Tiere zu schützen - es gibt immer zwei Seiten einer Geschichte.
Viele Menschen hatten in Interviews von ihren Geschichten erzählt, das ging einem schon nah, auch wenn ein paar Geschichten erstaunlich positiv waren.
Am meisten taten mir aber die alten Jagdfotos weh. Schwarzweiße Wahrheit. Dreizehn abgetrennte Nashörnköpfe auf einem Foto sind dreizehn zu viel. Leoparden, Tiger. Reiche Menschen mit Gewehren.
Ich esse ja nicht viel Fleisch, auch wenn ich wohl nie ganz darauf verzichten werde, aber diese Art Tiere zu töten für Trophäen oder den Spaß - das ist das widerlichste der Welt.
Dafür kann ich diesen Artikel jedoch mit etwas Positiven beenden: Nepal hat die Wilderei in den Griff bekommen! Seit 2014 wurde kein Tier mehr illegal getötet in dieser Grenzregion zu Indien. Die Tigerzahlen steigen! <3
WWF zu Tigern in Nepal
WWF zu Tigern in Nepal
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