Samstag, 1. Februar 2020

Punjab Nights

When you open up your heart and your soul
Take my love and never grow old, yeah
Open up your heart and your soul
Cause if you're looking for something to love
You've gotta let me know

Twin Atlantic - Heart And Soul



Der Bus war nicht wahnsinnig bequem, denn irgendwie hatten die es geschafft die Sitze noch schmaler als sonst schon zu bauen. Es sind immer 5 Sitze in einer Reihe und ich musste mich, da ich am Gang saß, schon etwas anstrengen, um nicht vom Sitz zu rutschen. Aber zumindest war die Fahrt nicht mega lang, so dass wir am späten Vormittag in Amritsar ankamen. Wir konnten mal wieder von dem Busbahnhof zum Hostel laufen, das erspart uns das unangenehme Verhandeln um TukTuk-Preise. 

Wir besuchten an diesem Tag noch die "Border-Closing-Ceremony" an der etwa 25km entfernten Grenze nach Pakistan. Tribünen waren wie in einem Stadion um die Straße herum gebaut, eine riesige indische Flagge wehte majestätisch im leichten Wind. Hunderte Menschen strömten mit uns auf die Gebäude zu, viele trugen Kappen und Fähnchen mit indischen Farben. 


Als westliche Menschen saßen wir gesondert neben der Grenze, so dass wir auch die pakistanische Seite gut hören konnten. Gesänge und Musik auf beiden Seiten. Dann irgendwann ein Fahnenlauf in der Mitte der Straße unter uns, Frauen tanzten. Es herrschte eine Stimmung wie bei einem wichtigen Fußballspiel. 
Nach einiger Zeit und einem Typen, der das Publikum immer weiter animierte zu jubeln, fing die tatsächliche Zeremonie an. Grenzbeamte stolzierten herum und warfen ihre Beine in die Luft. Es sah einigermaßen albern aus. Pakistan und Indien machten dann exakt die gleichen Paraden und versuchten dabei wohl zu zeigen wer der größere war. Man weiß es nicht. 
Die beiden Flaggen wurden zeitgleich herunter geholt und dann wurde die Grenze geschlossen. Ende. 
Und das machen die jeden Abend. Wow. 

Es war sehr faszinierend das gesehen zu haben, aber Nationalstolz ist einfach so unglaublich albern. Führt doch selten zu etwas Gutem... 


Mit unserer TukTuk-Grenzcrew (ein Ami, ein Italiener und ein Inder) gingen wir dann abends noch in einem berühmten Restaurant essen. Das Teil war komplett überfüllt, aber das Essen sehr lecker. Wir teilten uns verschiedene lokale Spezialitäten (Dhal, Curry,..) mit leckerem Brot. So kann ein Tag gut enden, auch wenn wir langsam müde wurden. 

Am nächsten Tag schauten wir uns DAS Highlight der Stadt an: den goldenen Tempel aus dem 16. Jahrhundert, wobei die Blattgoldverzierungen erst später drauf gekommen waren. 

Und es wurde wieder spannend. Neben dem großen Gebäude, wo man seine Schuhe abgab, waren kleinere Stände, bei denen man Getränke kaufen konnte. Pepsi / Mountain Dew für 5 Rupien (6 Cent) pro 200ml Flasche. Sind die verrückt? Wir kauften direkt je 2. :D 


Als wir dann auf das Tempelgelände gehen wollten, wurde uns gesagt, dass man die Haare verhüllen muss. Huch? Das hatten wir noch nirgends gehabt. Aber dies hier war auch kein hinduistischer oder buddhistischer Tempel sondern Sikh. Hier im Staat "Punjab" ist mit 35% die höchste Dichte an Sikhs in Indien und ich hätte es mir denken können, denn wirklich viele Leute liefen hier mit Turban auf dem Kopf herum. 
Ich wickelte mir also mein Tuch um den Kopf und Insa ihr Hemd. Hupsi. Aber das gute: Jeder hier musste sich verhüllen. Männer, Frauen, Kinder, sogar Babies trugen kleine Tücher oder Kappen. Fair. 


Man durfte keine Fotos im Inneren des Tempelgeländes machen, aber da wirklich jeder dort seine Selfies machte, entstand vielleicht auch auf unseren Handys das ein oder andere Foto. Psst! Ein paar Mal wurden wir auch ermahnt, aber da man die Fotos nicht wieder vom Handy löschen musste, war es wohl nicht sooo schlimm. Der Tempel bestand aus eindrucksvollen Mauern mit mehreren Eingängen, die ein großes Gelände mit Wasser umschlossen. Heilendes Wasser, weswegen hier erstaunlich viele alte und kranke Menschen herum liefen. Soll zumindest dein Karma verbessern. 
Und inmitten des Beckens ein goldener Tempel. Glitzernd in der Sonne. 


Wir blieben recht lange dort uns schauten das Gebäude an. Nebenbei wurden wir von einem Sikh dichtgelabert - war aber ganz nett. Die Leute hier waren eh super süß. Mehrere ältere Frauen kamen zu uns, schüttelten lächelnd unsere Hände, ich wurde auch mal umarmt. Irgendwie niedlich. 


Weil es eine berühmte Pilgerstätte ist, gab es ein großes Gebäude, in dem man umsonst essen konnte und das nutzten wir aus. :) Riesige Bottiche mit Chai und dann große Hallen mit in Reihen ausgelegten Teppichen. Man bekam am Eingang seinen Teller, setzte sich damit hin und wartete auf die herumgehenden Essensverteiler. Dhal, Curry, Brot, Reis und Milchreis. Natürlich so viel wie man wollte, aber ich ließ mir nicht nachgeben. Richtig lecker. Und das System war unglaublich effizient. Beim Rausgehen das Geschirr wieder abgeben, wo es gewaschen wurde. Der Boden wurde nach jeder Gruppe gewischt, weswegen ich auf dem glatten, nassen Stein ein paar Mal gut wegrutschte. Hunderte Menschen wurden so in kurzer Zeit verköstigt. 



Abends gingen wir noch einmal zum Tempel, denn beleuchtet im nachtschwarzen Himmel war der Tempel sogar noch beeindruckender. 
Die Innenstadt mit großen Fußgängerzonen war auch ganz anders als alles, was wir bisher in Indien gesehen haben. Der Besuch hatte sich sehr gelohnt! 

Wir fuhren nun weiter in eine Stadt in der Nähe: Jalandhar. Anschauen wollten wir uns dort nichts, aber zwei Freunde besuchen, die wir in Khajuraho kennen gelernt haben. Ein Modedesigner, der auch unterrichtet und einen seiner Schüler, der Fotografie studiert und die Kleider und Models (alles Schüler von der Uni) fotografiert und Videos macht. Wunderschön. 

Ich habe mich bei den beiden sofort wohl gefühlt. Viel wohler als bei jedem anderen Inder, den wir getroffen haben und ich habe den leichten Verdacht, dass die beiden ein Paar sind. Kann man in Indien halt nicht wirklich öffentlich machen, aber das würde erklären, warum ich mich so wohl fühlte. 

Die beiden holten uns an unserem Guest House mit einem weißen Van ab und Insa scherzte, dass es ein tolles Kidnapauto wäre. ^^
Wir besuchten kurz den Laden mit den tollen Kleidern, aber es herrschte ein ziemliches Chaos, weil die vormittags eine Ausstellung gehabt hatten. Schade. 


Dafür fuhren wir nun raus aus der Stadt zu einem Ort, der sich Haveli nannte. Für etwa 6 Euro pro Person konnte man dieses Art Punjab-Heimatmuseum besuchen. Nachgebaute traditionelle Häuser, Handwerk und natürlich Essen. Im Ticketpreis war alles dort schon enthalten. Die Tanzshows, das Puppenspiel und der Magier, der es schaffte Tauben zu verdoppeln und verschwinden zu lassen. Absolut keine Ahnung wie der das machte. Ernsthaft. Wieeeee? 
Aber natürlich war auch alles Essen inklusive. Erstmal einen Chai trinken, dann ne Buttermilch, mit kalter Suppe gefüllte Bällchen (sieht man hier an jeder Straßenecke, hatten wir bisher aber noch nicht probiert), Popcorn über Kohlefeuer gemacht, süße Kartoffeln, Palak Paneer mit Brot, wir probierten uns gut durch. Aber ein richtiges Essen war auch noch dabei. Ein sehr umfangreiches Thali mit natürlich so viel Nachfüllen, wie man wollte. Ich schaffte leider nicht einmal meine Anfangsportion und fühlte mich mega schlecht. Aber es passte einfach nicht mehr rein. Zum Nachtisch noch einen süßen in Zuckerwasser eingelegten Teigball, den ich gerade so noch in meinen Nachtischmagen quetschen konnte. 


Vollgefuttert gingen wir alle leicht stöhnend raus. Am Ausgang war dann noch eine kleine, offene Hütte, wo man sich ein Hennatattoo machen lassen konnte - auch umsonst. Wir waren etwas skeptisch, ließen uns aber zu "einem kleinen" Motiv überreden. Mit der Spritztüte war nach nicht einmal einer Minute die ganze Hand vollgemalt. So viel zu klein. :D
Da es sich um echtes Henna handelte, war die Farbe eher orange-braun (nicht schwarz) und es dauerte mindestens 2 Stunden bis die Paste trocken war. Also Hand so lange nicht benutzen. Ojeee. Die armen Frauen, die für die Hochzeit beide Hände von beiden Seiten, die Arme, Füße und Teile vom Rücken bemalt bekommen.. Es ist übrigens gerade Hochzeitssaison hier. Riesige geschmückte Paläste laden zum Feiern ein. 1000 bis 2000 Gäste sind normal. Saison ist momentan, weil das Wetter trocken, aber einigermaßen kühl ist. Mich bei 40° mit Henner bemalen zu lassen, wäre vermutlich kein Spaß.. 


Nach diesem tollen Abend fuhr uns der Kidnap-Van zurück zur Unterkunft und wir konnten unsere dicken Bäuche entspannen. 

Am nächsten Morgen ging es direkt schon wieder weiter. Mit dem Zug zurück nach Delhi. Frühstück inklusive. 
Wir nutzten den Tag, um unsere nächsten Tage zu planen, Züge zu buchen und Unterkünfte herauszusuchen.
Denn am nächsten Tag würde Saskia endlich ankommen und für knapp 2 Wochen bleiben! <3 Ich freute mich so! 

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