Freitag, 10. Januar 2020

Varanasi - spirituelle Hauptstadt Indiens

“An entire sea of water can’t sink a ship unless it gets inside the ship. Similarly, the negativity of the world can’t put you down unless you allow it to get inside you.”

 – Goi Nasu


Von Kushinagar war es gut möglich Varanasi bis zum Abend zu erreichen und so stiegen wir noch vor 8 Uhr in den Bus zurück nach Gorakhpur. Man hatte uns gesagt, dass der Bus nach Varanasi von dem Busbahnhof starten würde, an dem wir ankommen würden. Spoileralarm: Er tat es nicht. Also liefen wir kurz rüber zum Bahnhof, aber der nächste Zug nach Varanasi fuhr um 16 Uhr. Das war eher schlecht.
Kann ja nicht so schwer sein den Busbahnhof zu finden, dachten wir. Also zurück zur Straße. Ja, neee. Mapsme und Google halfen nicht weiter. Also den nächsten TukTuk-Fahrer angehalten. Er hatte keine Ahnung was wir wollten. Bei TukTuk-Fahrer Nummer 4 schien dann irgendwann der Groschen zu fallen, als ich Baranas sagte. Das kam irgendwo bei Google raus.. Er fuhr uns für 60 Cent dorthin und scheinbar waren wir richtig, auch wenn der Bahnhof komplett leer war. Der andere war voller Menschen, TukTuks, Busse, Verkäufer und Hunde gewesen. Laut. Wuselig. Indisch. Dieser hier war es nicht. Hm. Ich traute dem ganzen nicht so, aber da wir nicht gefrühstückt hatten, aßen wir erstmal leckere Samosas beim glücklichsten Mann in seinem kleinen Laden.

Wir machten uns darauf gefasst lange warten zu müssen, aber 10 Minuten später saßen wir schon in einem großen Reisebus auf den besten Plätzen. Er füllte sich langsam und fuhr eine halbe Stunde später los. Wir waren tatsächlich richtig. Damit der nächste Backpacker nicht ganz so lost ist wie wir, trugen wir den Busbahnhof auf Mapsme ein. Bitteschön. :P

Scheinbar wird gerade ein Highway in Richtung Varanasi gebaut, der gelegentlich 100m befahrbar, meist aber nicht vorhanden war, so dass wir durch viele kleine Dörfer heizten mit Dauerhupe und "wir sind die größten". An einer Stelle kollidierten wir dann mit einem anderen Bus, den wir gerade überholten. Die Fahrer schreien sich kurz an, dann geht es nach einer Minute weiter. Okay. :D

Wir kamen knapp nicht mehr im Hellen in Varanasi an, aber das war nicht so schlimm, war alles beleuchtet und überall Menschen unterwegs. Wir ließen uns per App (Ola) ein TukTuk holen, weil die Fahrer am Bahnhof viel zu viel verlangten und bekamen dafür viele erstaunte Blicke. Ein Wachmann und unser Busfahrer achteten darauf, dass wir gut wegkamen. Voll süß von denen! <3

Unser Hostel war auch super, es gab dort einen guten Koch, so dass wir entspannt dort zu Abend essen konnten. Außerdem gab es gefiltertes Trinkwasser umsonst. :)


Am nächsten Tag erkundeten wir dann die Stadt. Und mit Stadt meine ich eigentlich nur die Gegend am Fluss, denn Varanasi liegt am Ganges und ist wohl die spirituelle Hauptstadt Indiens. Es war noch etwas neblig über dem Wasser, ruhig.
Die Gebäude waren wunderschön mit kleinen Türmchen und verwinkelten Fenstern. Alles natürlich auf den Fluss gerichtet, denn viel heiliger als der Ganges (Ganga) kann es kaum werden. Ein alter Maharaja-Palast und viele, viele Ghats.

Ghat (Wikipedia - Mareike ist faul): 'Ghats sind ursprünglich wichtige Stellen für die rituellen Waschungen der Hindus; die Treppen halten freilaufende Tiere (v. a. Kühe) und deren Exkremente vom Wasser fern. Ghats gehören zum Stadtbild vieler indischer Städte, die an einem Fluss- oder Seeufer liegen.'


Während wir von Süden nach Norden am Ufer entlang wanderten, kamen wir an vielen kleinen Feuerstellen vorbei, wo sich Menschen und Straßenhunde aufwärmen. Es war kalt in den Nächten und so hatten die Ziegen und sogar manche Kühe Tshirts oder Kartoffelsäcke an.


Wir kamen etwas später um eine Ecke und dort rauchte es etwas heftiger. Wir gingen durch den dunklen Rauch hindurch und ich dachte mir nicht groß was dabei, bis ich sah was auf der anderen Seite war.. Ich hatte gerade verbrannten Menschen eingeatmet.

An zwei Stellen in Varanasi gibt es nämlich "burning ghats", wo Tote nach einer Waschung im Ganges am Ufer verbrannt werden. Öffentlich. Und an so einer Stelle waren wir gerade angekommen. Ein Scheiterhaufen brannte schon fröhlich, der daneben wurde gerade angezündet. Ein unverdecktes Gesicht schaute blicklos in den Himmel, Holz bedeckte den Körper. Ein Mann. Tot. Offensichtlich.

Wir schauten ein bisschen zu, gingen aber als das Feuer langsam zum Gesicht hoch stieg. Ich hatte bis zu diesem Tag noch nie einen Toten gesehen, jetzt sind es so einige mehr. Es war ein merkwürdiges Gefühl.

Das ist der größere der beiden Burning Ghats vom Fluss aus gesehen. Von nahem am Ufer habe ich natürlich keine Fotos gemacht.


Da schaute ich mir lieber die bunten Graffitis an den Mauern an und genoss die Sonne, die mittlerweile heraus gekommen war. Der Ganges war sauber, ohne Müll und stank nicht. Am Fluss gab es keinen Verkehr, also war es vergleichsweise ruhig. Ich war positiv überrascht. :) Wo ist das böse, hässliche Indien, von dem alle reden?


Wir belohnten uns selbst mit dem wohl besten Lassi in Indien und da ich vermute, dass Indien die besten Lassis macht, war es vielleicht der beste der Welt. :D "Unglaublich lecker" beschreibt den cremigen Yoghurt mit den Früchten deiner Wahl nur unzureichend. Njammi. Himmlisch?


Nachmittags gingen wir dann auf eine free walking tour und bekamen die Rituale zu den Verbrennungen erklärt. Es sind übrigens nur Männer erlaubt. Pff. Rückständig. Gut dass wir Touristen sind und ich habe auch ein paar Indische Frauen gesehen, die sich etwas abseits dazu geschlichen hatten.


Wir schlossen den Abend mit irgendeinem Fest ab, das an einer großen Treppe statt fand. Sechs Tänzer, Gesang und Feuer. Dazu hunderte Boote, die voller Menschen vom Wasser aus zuschauten. Wenn ich jetzt noch etwas verstanden hätte.. ;)


Am nächsten Morgen machten wir bei schönstem Sonnenschein eine zweistündige Bootstour auf dem Fluss und bekamen noch ein bisschen was zu den verschiedenen Gebäuden erklärt. Wir hielten am zweiten, größeren Burning Ghat an und schauten vom Wasser aus zu, aber man war nicht nah genug dran, um Einzelheiten zu erkennen, worüber ich nicht wirklich traurig bin.


Todesmutig hielt ich einen Finger in den Fluss und habe nun den heiligen Ganges berührt. :P Darin baden muss ich allerdings trotzdem nicht, auch wenn die Bevölkerung das hier jeden Vormittag macht. Außerdem wird darin Wäsche gewaschen und dann zum Trocknen auf die Steine daneben gelegt. Tat mir ein bisschen Leid die dunklen Pfotenabdrücke auf einem perfekt weißen Tuch zu sehen.


Die restliche Zeit wanderten wir durch mittelalterliche, schmale Gassen, die Steine auf dem Boden rutschig von Wasser, Kuhhinterlassenschaften und anderen Sachen. Die Sonne erreichte hier nie den Boden und so war es deutlich kühler als am Fluss. Tatsächlich mal ganz angenehm - verrückt, dass ich das sage.. 
Es roch nach würzigem Essen, Räucherstäbchen, Kühen, Holzfeuer und kühlem Stein. Erstaunlicher Weise nicht nach Abfällen, auch wenn hier alles auf die Straße geworfen wird. Dazu muss man allerdings wissen, dass jeder Haus- oder Shopbesitzer den Teil der Straße oder des Weges vor seinem Haus regelmäßig fegt, so dass der Müll in kleinen Haufen am Rande liegt. Und jeden Tag kommt hier die Müllabfuhr vorbei und sammelt alles ein. Es sieht sauber aus in den Städten.


Wir hatten hier eine German Bakery gefunden, die tatsächlich deutsches Brot verkaufte und waren begeistert. Brötchen, Lassis, was will man mehr?
Okay, um ehrlich zu sein, auf die brennenden Menschen kann ich verzichten. Aber Lassis! Und überall Puppies! 

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